Wir sind - ohne mich!

Es ist womöglich eine sehr "deutsche" Reaktion: Anstatt sich an einen Tisch zu setzen und Zukunft aktiv zu gestalten, steckt man sich Buttons an: Für oder gegen Atomkraft, für oder gegen Fleisch, für oder gegen das Urheberrecht. Die Schützengräben verlaufen durchs Wohnzimmer, die Gegner sind klar gekennzeichnet und immer ist der andere der Feind. Ich habe das mit den Buttons in den frühen 1980ern auch gemacht. Aber dann bin ich älter geworden und aus einem unserer Körnerfresser mit Turnschuhen und Buttons wurde ein Außenminister im Anzug. Spätestens da konnte man sehen: Menschen sind nicht schwarz oder weiß, nicht eindeutig, nicht immerwährend zu kategorisieren. Menschen, die noch ein bißchen Leben in sich haben, sind bunt, sie changieren, sie ändern ihre Meinung, sie sitzen zwischen den Stühlen, sie lieben womöglich Freund und Feind. Wie viele Menschen mögen sich keinen Button anstecken, weil sie eigentlich beide tragen müssten, weil sie sich mit gegensätzlich scheinenden Meinungen identifizieren? Oder weil sie von keinem von beiden vertreten werden?

Meine Kolleginnen und Kollegen tragen wieder Buttons. Und weil es so bequem ist, kann man sich heutzutage sogar welche klicken und sich online in Schubladen sortieren. Die etwas gediegeneren Herrschaften machen das noch mit Unterschrift, ausgedruckt. "Wir sind die Urheber!" platzte es plötzlich aus allen Kanälen und schließlich auch aus der ZEIT. Namhafte, wirklich sehr namhafte Menschen vor allem aus der Buchwelt haben unterschrieben, es liest sich wie ein Who is Who der Feuilletongesegneten. Auch ich wurde aufgefordert, zu unterschreiben.

Meine erste Reaktion war, eine Aktion der Bildzeitung zu vermuten. Nach "wir sind Papst und Fußball und überhaupt" jetzt also noch ein "Wir sind wieder wer"? Als typisch individualistische Urheberin bin ich immer sehr vorsichtig, wenn mich ein "Wir" vereinnahmen will. Was will dieses Wir von mir?

Ganz ehrlich: Ich habe mich geschämt. Zutiefst geschämt. Dass all diese hochintelligenten UnterzeichnerInnen sich in ihrer gewiss verständlichen Rage offensichtlich keine großen Gedanken gemacht haben, was sie da unterzeichnen. Oder vielleicht doch? Was mag das über das Wir aussagen?

Ich kann "Wir sind die Urheber" nicht unterzeichnen. Vielleicht, weil ich mir über das Urheberrecht schon viel zu viele Gedanken gemacht habe? Ich fühle mich nämlich nicht von feudalen Mächten bedroht und weiß, dass es im 19. Jahrhundert, vor dem Urheberrecht, auch richtig wild lukrative Zeiten für Schriftsteller gab. Bedroht fühle ich mich dagegen von Zeitungsredaktionen, die mir Buy-out-Verträge andienen, um im Gegensatz damit zu drohen, mich abzumahnen, wenn ich auf meiner Website aus einer Buchrezension zu viel zitiere. (Übrigens oft genau die Zeitungen, in denen sich diese "Wir" tummeln). Ich verdiene meinen Lebensunterhalt nicht durch die Existenz des Urheberrechts, sondern durch knallharte Verhandlungen mit immer sparsameren Auftraggebern. Es geht mir nicht schlecht, weil ich meinen Buchtrailer bei youtube verschenke oder 1000 Menschen meinen Roman kostenlos herunterladen. Es geht mir schlecht, weil die Vorschüsse kontinuierlich sinken, sich die Tantiemen an keine Inflation anpassen, Buchhandlungen Lesehonorare verweigern, ich am Ende der Nahrungskette Buch stehe, obwohl ich mein Buch überhaupt erst ermögliche. Wo sollen Menschen wie ich unterschreiben?

Und warum merkt keiner von diesen intelligenten Menschen, dass man ein Urheberrecht nicht stehlen kann, schon gar nicht böswillig rauben? Es ist unveräußerlich - und das, was da geraubt wird, ist eigentlich eine wundersame Vermehrung. Wie will ich klar und deutlich über solch wichtige Gesetze diskutieren, wenn ich nicht einmal die einfachsten Rechtsbegriffe verstehe?

Ich kann die Polemik nicht unterschreiben, weil mir das Urheberrecht leider nicht ermöglicht, von meiner Arbeit als Buchautorin leben zu können - im Gegensatz zu den Berühmtheiten unter den UnterzeichnerInnen. Ich kann sie aber auch deshalb nicht unterschreiben, weil diese bösen "globalen Internetkonzerne" mich nicht entrechten, sondern mir überhaupt erst ermöglichen, endlich anständig für meine künstlerischen Projekte entlohnt zu werden - und das weltweit. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich Buchhändler irgendwelchen Büchern verweigern und Verlage Regalplätze bezahlen - wir haben die größte demokratische Verkaufsmaschinerie im Internet. Vorbei sind die Zeiten, wo man mir für E-Books lächerliche Tantiemen geben will, ich mach mir das selbst! Vorbei sind die Zeiten, wo ich Artikel wie diesen im Total Buy Out ans Feuilleton lieferte - ich bringe ihn auch so unters Volk und finanziere ihn durch Blogbücher.

Nehmen wir eine Gedenkminute für das Branchenjammern, das jetzt einsetzen mag. Ich habe kein Ohr mehr dafür. Als ich als Autorin einmal auf Sozialhilfe war, hat auch niemand Mitleid mit mir gehabt. Sie müssen unabhängiger werden, mit der Zeit gehen, die neuen Chancen ergreifen, hat man mir damals auf dem Amt gesagt. Wie lange wollen wir alle noch verschlafen, was wir von den Kids lernen könnten? Wann wollen wir uns endlich gemeinsam an einen Tisch setzen, uns einbringen, diskutieren, miteinander - für eine Welt, in der sich alle in Kompromissen wiederfinden können? Wann reden wir Urheber endlich darüber, dass die Nutzungsrechte-Regelungen teilweise völlig veraltet sind?

Das sei deutlich gesagt: Ich bin für das Urheberrecht. Es ist eine wunderbare Errungenschaft. Ich bin aber auch für eine Reform. Und da stehe ich in manchen Punkten fast auf der ach so falschen Seite. Deshalb gibt es für mich kein "Wir" - weil mich dieses "Wir" ausstoßen würde.

Ich passe längst nicht mehr zu diesem papierenen Wir. Meine Arbeit ist global, digital und multimedial, vereint mehrere Berufe. Ich kann nur ein paar einzelne Punkte streifen, die mir durch den Kopf gehen:

Ich brauche keinen Urheberrechtsschutz über meinen Tod hinaus. Nicht, dass ich Tante Erna nicht das fette Erbe von Büchern gönnen würde, die sie bei meinen Lebzeiten nie gelesen hat. Aber was, wenn sich Tante Erna benimmt wie die Witwen von Brecht oder Beuys? Ich kann ein Lied von den Witwen singen, den Sammlungen und Privateignern. Bei der Recherche zu historischem Fotomaterial für Sachbücher kann einem das Urheberrecht graue Haare bescheren! Wer mag der unbekannte Fotograf eines bestimmten Studios gewesen sein, wer sind seine Erben und was verlangen die?

Längst habe ich mir abgewöhnt, solche Arbeiten in Deutschland zu erledigen. Fotorechte? Können Sie haben, macht 300 Euro pro Bild, wir sind kulant. In den USA bekomme ich die gleichen Fotos umsonst, weil die Eigner dort Bildung und Kultur zuliebe die Abdruckrechte umsonst abgeben oder allenfalls einen kleinen Obolus für spezielle Datenaufbereitungen verlangen, für die Arbeit damit. Ganze Bibliotheken, Archive und digitale Sammlungen stehen mir im Ausland online zur Recherche zur Verfügung. Ich muss die Urheberrechte achten, aber die Nutzungsrechte werden mir einfach und preiswert angeboten. Da greife ich umso lieber zu - und das kommt meinen LeserInnen zugute. Sie erfahren mehr.

Ich bin dagegen, Kids und Jugendliche zu kriminalisieren, wie es hier in Frankreich geschieht. HADOPI ist eine einzigartige Steuergeldervernichtungsmaschine geworden, bei der man Schulkinder fängt und deren Eltern anklagt. Ich bin dafür, die ganz großen Fische zu jagen, die Macher der Piratenbörsen, die wirklich Verantwortlichen. Dafür bräuchten wir globale Aktionen und Möglichkeiten, konzertiertes Arbeiten. Piratenjagd auf die wahren Piraten - vielleicht helfen uns die anderen Piraten mit ihren Kenntnissen dabei? Wie wäre es mit einer kleinen Bekehrung auf beiden Seiten? Dazu müsste aber jeder vom eigenen hohen Ross herunter, statt Grabenkampf wäre Aufklärung angesagt, Erziehung zu Unrechtsbewusstsein - und jede Menge guter Beispiele, denen es nachzueifern lohnt.

Was habe ich in meinem jugendlichen Leichtsinn Radiosendungen aufgenommen, kopiert, verschenkt und noch mehr kopiert, ganze Bücher vervielfältigt, weil sie der Studentin zu teuer waren und mich keineswegs kriminell gefühlt! Wie viele Kinder der Unterzeichnenden mögen es heute noch so halten, heimlich? Irgendetwas ist dann mit mir passiert, dass ich trotzdem Geld für Musik und Bücher ausgegeben habe. Dieses Etwas sollten wir hegen und pflegen! Dieses Etwas wächst nicht aus Kriminalisierung.
Natürlich bin ich gegen Piratenbörsen. Aber verfolgen wir doch bitte bitte die wahren Schuldigen!

Da wäre noch ein Punkt, warum ich Schreiben nicht unterzeichnen mag, die mir vorgaukeln, nur die reine Existenz des Urheberrechts sichere mir Urheberin meine Existenz. Das ist eine Lüge. Gewiss bekomme ich von der VG Wort jährlich einen manchmal lächerlichen Scheck für all die ausgeliehenen Bücher, die Pressespiegel, das Anhören meines Hörbuchs. Gewiss werde ich von Buchverlagen bezahlt. Aber das ist eben nicht mehr selbstverständlich. Zeitungsverlage haben mir die überlebenswichtige Möglichkeit der Mehrfachverwertung genommen, während sie selbst - ohne mir Honorare dafür zu zahlen - meine Stoffe zigfach bei Dritten verwerten können. Manche meiner Buchverträge, als ich noch jung und doof war, wollten mich gar lebenslänglich binden, global, sozusagen jenseits von Zeit und Raum. Wo sind die Aufschreie der Urheber gegen unsittliche Verträge?

Nein. Das Urheberrecht sichert den meisten von uns längst nicht mehr die Existenz. Bei den Nutzungsrechten sind wir teilweise zu modernen Sklaven ganz neuer Feudalstrukturen geworden. Viele KollegInnen empfinden sich als BittstellerInnen, nicht mehr als SchöpferInnen. Es wird höchste Zeit, über Nutzungsrechte zu reden; über neue, moderne Möglichkeiten und vor allem über Geld. Darüber, dass uns alte, etablierte Institutionen zunehmend im Regen stehen lassen und die ach so bösen globalen Internetkonzerne bieten, was jene verschlafen. Ich wage, aus eigener Erfahrung zu behaupten, dass die Menschen da draußen, sogar Piraten darunter und Grüne und was es da alles an Feindbildern gibt, durchaus gewillt sind, Künstler zu bezahlen. Geben wir ihnen die Möglichkeit!

Klopfen wir aber auch mal den alten Institutionen auf die Finger. Warum bekomme ich für meine E-Books z.B. keinen Scheck von der VG Wort? Der Feudalismus ist Historie. Das reine Papierzeitalter jedoch auch.

Update:
Ich werde auf mehreren Kanälen gefragt, wo mein Spendenknopf sei, ob man mich flattrn könne etc.
1. habe ich schlechte Erfahrungen mit der Bezahlfirma mit dem P gemacht
2. Habe ich den Spendenbutton wieder abgeschafft, weil sich so gut wie niemand beteiligte.
Stattdessen kann man sich durch den Kauf eines Blogbuchs bedanken:
Band 1 ist soeben erschienen und hier zum Preis von Kaffee und Hörnchen zu haben.
Ich sage auch nicht Nein, wenn jemand eins meiner anderen Bücher kauft oder mich einfach nur weiterempfiehlt, die Liste der aktuellen Titel gleich rechts neben diesem Artikel!

Lesetipps:


92 Kommentare:

  1. SabineDee11/5/12 13:08

    Du sprichst mir ja so aus der Seele ... das nicke ich ab und winke es durch.

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  2. Großartiger Artikel mal wieder!

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  3. Das waren starke Worte. Danke!

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  4. Ja. Sich nicht von diesem WIR vereinnahmen zu lassen, ist nicht nur eine Frage der Vernunft, sondern auch ein Gebot des Herzens. Ich habe mich wirklich geschämt für manche Unterzeichner. Nun habe ich ein paar Vorbilder weniger. @hb_join

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  5. Ich danke dir sehr für diese Worte! Du bringst das auf den Punkt, was mich seit Wochen beschäftigt.

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  6. Einfach wunderbar! Ich empfehle dir mal die Position der Piraten genauer anzuschauen. Die sind nämlich genau der Meinung, wie du sie hier toll ausformulierst! Danke dir!

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  7. @Anonym
    Die Piraten haben eine *gemeinsame* Position? Man lernt nie aus ... ;-)
    Dazu empfehle ich den Link von Carta unten.

    Ich bekomme in Frankreich die Piraten ja nicht so ganz mit, aber die Jungs, die ich ab und zu im Fernsehen sprechen sah, hatten mit meiner Position ungefähr so viel zu tun wie der Hase mit dem Igel. Das Problem war allerdings, dass die sich auch gegenseitig widersprachen! Und neuerdings gibt's ja auch noch Piratinnen, die sich von den ach so bösen Verlagen fette Vorschüsse zahlen lassen udn das ach so böse System voll nutzen (wann kommt das Buch eigentlich in den Verschenkhandel?)

    Ich denke mal, bis es da zu Gemeinsamkeiten kommt, gehen noch viele viele Gespräche und Positionen den Bach runter - aber genau deshalb bin ich dafür, dass die unterschiedlichen Seiten der Diskussion endlich mal miteinander reden, anstatt sich nur an Buttons und Flugblättern (Zeitungen/Parteiprogrammen) festzuhalten.

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  8. Du bist nicht allein :

    http://a3khh.blogspot.de/2012/03/ich-liebe-kristine-kathryn-rusch.html

    woistdennhierderDamenhochSmiley?

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  9. Danke! Genau so unterschrieben!

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  10. Wunderbar. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Ich schließe mich meinem Vorkommentator an - gleich so unterschreiben!!

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  11. Ganz großes Dankeschön für die klaren Worte in all dieser Hysterie!!

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  12. Vielen Dank für diesen entspannten Artikel!

    Es ist toll, auch mal einen Urheber finden, der nicht in Polemik ausbricht. Ich hoffe, dass es bald möglich sein wird, dass alle Seiten an einem Tisch sitzen und das Urheberrecht gemeinsam an die neuen Zeiten anpassen werden.

    Zu PvC: Ja, es gibt eine gemeinsame Aussage der Piraten zum Urheberrecht. Das folgende PDF wurde auf dem Parteitag Ende 2011 beschlossen: http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/0/07/UrhG_Arguments_FassungBPT2011-2.pdf

    Die dort aufgezählten Punkte finden sich auch in diesem Artikel wieder.

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  13. als Buchhändlerin lebe ich von denen, die Bücher schreiben. Und dazwischen liegt eine "Wertschöpfungskette" haben wir mal gelernt...Und die machte mich schon immer stutzig. Aber wenn man bei thalia lernt, bekommt man viel mehr mit, als die ads wollen...

    den text oben würde ich sofort unterschreiben!

    M.A.

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  14. Die Nutznießer von kino.to und Megaupload können von mir aus gern die Aasgeier haben. Das sind sowieso nur Schutzgelderpresser, sie verkaufen Schutz vor den Abmahnanwälten.

    Ich wünsche mir kundenfreundliche, legale Vertriebswege und Streamingangebote. Egal ob durch Einzelzahlung, Flatrate/Abo, Werbung oder auf anderem Wege finanziert. Kein Kopierschutz, kein DRM, keine Überwachung meines Internetzugangs.
    Solange diese Bedingungen nicht erfüllt sind, betrachte ich z.B. torrent-Netze, an denen niemand verdient, als legitime Behelfslösung. Mir ist dabei bewusst, dass ich damit eine moralische Verpflichtung (Schuld) gegenüber dem Urheber habe, der diese Vervielfältigung nicht wünscht. Und ich bin bestrebt, diese Schuld zu begleichen, wenn ich Gelegenheit dazu habe. Jedenfalls, wenn ich die Inhalte dann tatsächlich konsumiere und nicht nur heruntergeladen habe, um festzustellen, dass es nichts für mich ist. Auch das kommt vor, und nicht selten.

    Ich möchte mit meinen Geräten und von mir erworbenen Inhalten tun und lassen können, was ich will, solange es nicht klar öffentliche Aufführung oder Verbreitung mit kommerziellem Interesse ist.

    Wenn mich das zum Piraten macht, dann ist das so.

    Ein Pirat

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  15. Großes Bravo, Frau von Cronenburg! Das unreflektierte kollektive Jaulen und Jammern gewisser Kreise, das Anheften virtueller sowie realer Buttons zu diesem Thema ist lächerlich und den wahren Umständen nicht angemessen. Sie bringen es sehr schön auf den Punkt. Danke dafür.
    Franziska Green

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  16. Vielen Dank, endlich eine die von der Seite der Urheber aus die Sache beleuchtet. Ich wundere mich über die Kommentare bei "wir sind Bürger" weil es doch tatsächlich so ist wie sie schreiben. Die Verwerter versuchen immer härtere verträge durchzusetzen und die Schaffenden sollen dann bitte liefern.

    Ich bin kein Piratentroll, aber wenn Frau Schramm 100.000 Euro für ein Buch als Vorschuss bekommt, könnte ich mir vorstellen, dass sich der Verlag ausgerechnet hat was für ihn übrig bleibt. Wir wissen doch alle, dass sich Verlage immer noch gerne als Gralshüter der Kultur präsentieren, aber tatsächlich geht es um Umsatz (aktuell Axel Springer 30% des Umsatz kommt über online rein... alles total Umsatz und so).

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  17. Ich bin voll auf Ihrer Seite, was das Schubladendenken betrifft.

    Ansonsten finde Ihre Position etwas naiv: Warum sind denn die Autorenhonorare so schlecht und die Verlage so "sparsam"? Weil sie immer weniger bedrucktes Papier verkaufen und für digitale Inhalte kaum was bekommen, Filesharing ist halt billiger. Die vermeintlichen "Vermarktungsplattformen"im Internet sind zu einem guten Teil nur für kostenlose Trailer gut, wenn aber der verkäufliche Inhalt dort kostenlos zu haben ist, bleiben nur noch eine Alimentation der Künstler über Kultursteuer, Spenden (flattr) oder modernes Mäzenentum (Crowdfunding). Letzteres eine nette Sache, aber auch jetzt schon bestens einsetzbar und die Inhalte kann man dann ja auch kostenlos verteilen. Dass viele Urheber aber Angst haben und Front machen gegen die Einebung der Rechtspositionen, die sie jedenfalls bis jetzt ernährt haben, kann ich verstehen, ebenso wie den Mangel an Bereitschaft, unwiderruflich auf ein auf auf flattr, crowdfunding usw. *limitiertes* praktisch verwertungsrechtloses System umzuziehen, bevor klar ist, ob das funktioniert.

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  18. Danke heluecht,
    werde ich mal bei kühlerem Wetter lesen ;-)

    @der Pirat
    auch wenn's vielen sehr unbequem sein wird, müssen wir Beiträge wie deinen sehr ernst nehmen. Denn genau das verschläft unsere Branche derzeit ähnlich wie die Musikbranche: den Lesern bequeme, schnelle Kauf- und Nutzungsmöglichkeiten zu geben (Stichwort iTunes), anstatt sie an die Wand zu stellen und mit Fingern zu zeigen.

    Kürzlich bei einer Lesung hat mir eine Frau zum Buchpreis noch Geld in die Hand gedrückt. Auf meine Verwunderung hin meinte sie: Ich will eine Künstlerin für ihre Arbeit belohnen, bei Ihnen kann ich das direkt, einfach so. Es gibt Geizige, aber es gibt eben eine Menge anderer.

    Übrigens bringe ich deshalb aus Prinzip alle meine E-Books ohne DRM heraus. Weil auch ich mich grün und blau ärgere, dass ich sie sonst nicht aus geschlossenen Systemen bringe oder meinen Freunden verleihen kann wie Papierbücher. Meine Bücher lassen sich via Calibre auf jedes Gerät bringen. Das nimmt mir keine Kunden, sondern bringt zusätzliche - die mit den anderen Geräten. Ich wünschte, die Verlage würden darüber auch einmal nachdenken.

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  19. Das Beste, was ich bisher zu dem Thema gelesen habe.

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  20. @Anonym vor meinem Kommentar:
    Da ich mich mit all diesen Themen in meinem Blog schon differenzierter auseinandergesetzt habe, als es in einem Rant wie diesem möglich ist, werfe ich das "naiv" mal kalt lächelnd weg ;-)

    Auch ich bin wie Sie der Meinung, dass man keine alte, über lange geschichtliche Zeiten gewachsene Kultur einfach mal wegwerfen kann, ohne eine neue aufgebaut zu haben. Ich habe oft hier über die Blauäugigkeit geschrieben, wenn es heißt, wir sollten uns über Spenden, flattr & Co. finanzieren - das geht vielleicht in den USA, vielleicht bei den großen Namen, ansonsten ist das ein schlechter Witz.

    Was die Verlage betrifft, möchte ich auch das noch differenzierter sehen als Sie, da ich in mehreren Berufen unterwegs bin. Wir können Zeitungsverlage nicht gleichsetzen mit Buchverlagen. Wir können Konzernverlage der Buchbranche nicht gleichsetzen mit Indieverlagen.

    Meine ganz persönliche, damit nicht maßgebliche Erfahrung: Am schlimmsten sparen diejenigen an den Autoren, die am meisten Profit machen. Diejenigen, die sich oft selbst ausbeuten, die hart am Abgrund der Existenz arbeiten, wissen schöpferische Arbeit oft viel besser zu schätzen! Meine besseren Verträge bekomme ich nicht von denen, die "es haben", sondern von denen, die meine Arbeit wertschätzen. Also läuft da doch etwas nicht rund?

    Ich möchte eine Welt mit vielen guten unabhängigen Buchhändlern und vielen guten unabhängigen Verlagen, aber auch mit unabhängigen Künstlern. Ich will Vielfalt. Und die geht nicht an ein paar Piraten kaputt oder weil amerikanische Konzerne etwas besser machen - die geht daran kaputt, dass seit Jahren auch Chancen verschlafen werden, die jetzt andere nutzen (zuerst ging sie an den Buchketten kaputt, da jammert niemand drüber).

    Und ich gebe ehrlich zu: In einem Beruf, der kaum etwas einbringt, denke ich absolut egoistisch. Wenn mich jemand mit 10% fürs E-Book abspeisen will, weil er dafür ach so irre hohe Kosten hat, dann renne ich mit fliegenden Fahren den 70% aus USA in die Arme, wohl wissend, dass es ein Pakt mit dem Teufel ist.

    Aber das alles hat mit Urheberrecht nichts zu tun. Da geht es um Nutzungsrechte, um Buy-outs etc. Diese Diskussion müssen wir auch führen!

    PS: Vermarktungsplattformen: Hier in Frankreich verdienen Künstler mit youtube richtig Geld, denn unsere Verwertungsgesellschaften haben Verträge ausgehandelt.

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  21. Liebe Frau Van Cronenburg,
    Toller Text vielen Dank. Sie fragen, wo ist der Aufschrei der Urheber gegen Hungerhonorare? Hier www.freischreiber.de. Vielleicht schauen Sie mal vorbei.

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  22. Was Tauschbörsen angeht bin ich anderer Meinung, wobei man bei diesen auch differenzieren kann, ob da jemand dran verdient und was dort verbreitet wird. Ansonsten wirklich wunderbarer Artikel.

    Wird es irgendwann noch einen flattr-Button geben?

    Viele Grüße
    René

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  23. @Benno Stieber
    Kenne ich! Wäre ich Mitglied, wenn ich in Deutschland leben und arbeiten würde!
    @LordSnow
    Zwischen Bücher tauschen und Bücher im großen Stil piratisieren gibt's für mich einen Unterschied.

    Zu Flattr & Co schreib ich was unter den Artikel Danke!!!

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  24. Katarina Ganslandt11/5/12 17:52

    Ja! Ja! Ja! Stehende Ovation für den ersten Artikel zum Thema, der mir – die ich mich seit heute Morgen innerlich über diese kurzsichtige Aktion aufrege – voll und ganz aus der Seele spricht. Danke!

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  25. "statt Grabenkampf wäre Aufklärung angesagt, Erziehung zu Unrechtsbewusstsein"

    solange es nicht so läuft wie bei der Filmindustrie... diese Idee mit "Wir bringen einfach noch mehr Antiraubmordkinderschändungstotschlags-kopierer-Vorfilme und -texte vor dem Film unter und beschimpfen/belästigen/verjagen die ehrlichen Käufer wird noch eher zum Untergang von Hollywood führen als die "Raubkopierer"... wer kauft sich schon ein Video, das erst nach 3-10 Minuten anfängt, wenn es denn überhaupt abgespielt werden kann...

    Unterhaltung dann bald nur noch über das vielleicht bald kommende CC-SD-Karten-Format... da kann man sich dann die Videos ganz legal raubmordkopieren um sie auf schwächeren Geräten/ohne DVD/BR-Laufwerk zu gucken - falls das dann überhaupt nötig ist... *hoff*

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  26. @Anonym
    Ich kenn mich mit Kindererziehung nicht aus. Aber ich habe mein halbes Leben lang Hunde erzogen. Wenn man denen das Rückgrat bricht, indem man haut und schreit, hat man irgendwann Angstbeißer.
    Lehre ich dagegen einen Hund etwas mit positiver Motivation, Ermunterung und Belohnung, dann genügt ein Flüstern, ein Blick - und er kapiert. Freiwillig und freudig.

    Hätte ich Millionen für Kampagnen übrig wie der Börsenverein, würde ich Menschen einfach schlicht versuchen zu begeistern: Für Bücher, für Autoren und ihre Arbeit, für Kunst und Kultur. Daraus wächst Wertschätzung ... (Oder bin ich zu idealistisch?)

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  27. Like, Fav, +1 und was auch immer es sonst noch gibt!!!
    Ich schreibe selber auch und habe quasi schon mein ganzes Leben lang den Traum, davon vielleicht irgendwann doch mal leben zu können - trotzdem unterstütze ich die Reformpläne (Reform, nicht Abschaffung, for crying out loud again!!1!) von Bündnis 90 und Piraten. Zwar bin ich leider oder zum Glück noch nicht in der Situation, Verträge mit Verlagen und Co aushandeln zu müssen, aber du als selbst Betroffene musst es ja wissen. Schade, dass nicht noch mehr Leute sich die Gedanken machen, die du dir gemacht hast; vor allem auch die Urheber selbst.

    Kurz: Super Post!

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  28. Ein sehr schöner Beitrag. Ich mag die Art, wie Du schreibst und Dinge auf den Punkt bringst.
    Und dennoch wage ich, mich zu outen: Ja, ich habe auch unterschrieben. Und zwar nicht, weil ich die Grautöne zwischen Schwarz und Weiß nicht sehen mag, sondern weil erst eine klare Stellungnahme sie ermöglicht.
    Ich gehöre zu den Autoren, die von der Arbeit nicht leben können und ich ringe um Anerkennung, die sich nicht nur in Schulterklopfen äußert, sondern auch in barer Münze. Ich möchte endlich für die Arbeit eines ganzen Jahres nicht mit einem Gehalt leben müssen, das man einer Kassiererin im Supermarkt nicht anbieten möchte.
    Und obwohl ich das Netz und seine unendlichen Möglichkeiten mag und schätze, gibt es jede Menge Autoren, die ohne Hilfe des Verlages aufgeschmissen sind. Nicht jeder Künstler verlässt seine Schreibstube. Sollen künftig nur die überleben, die imstande sind, ihre Produkte via Selbstmarketing zu vertreiben?
    Aber ob mit Verlag oder auf eigene Faust: Zunächst einmal muss nach all der Polemik à la Julia Schramm auch auf der anderen Seite die Grenze gezogen werden, bevor man sich um eine für alle vertretbare Mitte bemüht. Und zu dieser gehört - da stimme ich zu - ein vernünftiger und zeitgemäßer Umgang mit Netzinhalten.
    Ja, ich bin für ein Wir. Aber für eines, das nicht nur die Meinung des "Ich" akzeptiert, sondern auch die des "Du".
    Sich für die Unterzeichner zu schämen, wie einer der Kommentatoren es schreibt, klingt nach allem, aber nicht nach einer gesunden Mitte.
    Freie Meinungsäußerung soll oberstes Gebot sein. Auch im Zeitalter des Internets.

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  29. Verehrte Frau Koschyk,
    Sie sprechen über freie Meinungsäußerung und die gesunde Mitte. Ihre Argumente leuchten mir ein, mit denen Sie sich rechtfertigen wollen, diese Unterschriftensammlung unterzeichnet zu haben. Aber von einer gesunden Mitte sind wir noch weit entfernt. Zur Zeit dürfte noch jeder die eine (Urheber) oder andere Liste (wir-sind-die-Bürger) unterschreiben, ohne sich schämen zu müssen. Es ist ja bisher noch nicht einmal eine Einigung erfolgt, was alle Beteiligten unter Urheberecht, Vermarktung und Einkommenssicherung verstehen.

    Ich finde, Petra van Cronenburg hat sich schon sehr intensiv mit dem Wandel in der Branche auseinandergesetzt. Sie liegt mit ihren Aktivitäten sicher schon ein bisschen näher an dem, was in 50 oder 100 Jahren der Stand der Dinge auf dieser Welt sein wird, egal wieviele Listen bis dahin noch unterschrieben werden. Der Wandel lässt sich nicht aufhalten.
    Die Unterschrift bewirkt nämlich gar nichts - es muss gehandelt werden.

    Wir können auch alle gegen den Hunger in Afrika unterschreiben - davon wird aber noch kein Afrikaner satt. Wir haben schon unzählige Listen unterschrieben, die nichts bewirkt haben.

    Ich vermute, die meisten "Urheberunterzeichner" wüssten gar nicht, was sie aktiv beitragen könnten. Sie sind nur aufgeschreckt, wie Fürsten und Grafen, denen man gesagt hat, dass man den Adel abschaffen will.

    Auf der anderen Seite unterschreiben die "Bürger", weil sie Angst haben, abgemahnt zu werden oder Dinge bezahlen zu müssen, die sie lieber kostenlos hätten.

    Die ganze Diskussion wird sicher auch politisch "missbraucht".

    Ich kann nicht vorhersehen, ob PvCs Aktivitäten zur gesunden Mitte für alle führen, aber ich finde es Klasse, dass sie etwas tut und nicht "jammert".

    Gruß Heinrich

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  30. Lieber Heinrich,

    das stimmt. Es muss sortiert werden. Viele Beteiligten brechen in Panik aus, weil sie nicht wissen, wie sie sich schützen sollen.

    Mein Kommentar ging nicht gegen Petra, deren Meinung und Fachwissen ich sehr schätze, auch wenn ich in manchen Dingen abweichend denke. Auch nicht gegen die "Bürger", die ja im Gegensatz zu anderen Aktionen nicht gegen die Urheber sprechen, sondern nach einer vernünftigen Lösung suchen. Er ging vor allem gegen allgemeine Polemisierung (siehe manche Kommentare) und ist ein Aufruf, sich beide Seiten anzusehen und zu versuchen, sie zumindest zu begreifen.
    Der Vergleich mit den Adeligen ist nur eine der vielen Mutmaßungen, die ahnen lassen, wie wenig Verständnis für die Unterzeichner herrscht. (Bitte? Ich komme mir manchmal eher vor wie ein Punching-Ball des Buchmarktes, von Adeligen keine Spur!) Dafür habe ich unterschrieben. Nenne Sie es ruhig einen Hilfeschrei. Aber nicht Untätigkeit.

    Herzlich, Heike

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  31. Liebe Frau Koschyk,
    ich freue mich riesig, dass Sie mir gleich geantwortet haben. So verstehe ich schon wieder etwas mehr, was andere Menschen bewegt!

    Ja, der Vergleich mit den Adeligen war sicher auch etwas polemisch. ;)

    Ich denke nur an die vielen andern Menschen, deren Berufe und Arbeitsplätze in den letzten 100 Jahren schon ausgestorben sind.

    So denke ich eben, der Autorenberuf, der des Druckers, der auf Papier druckt und der des "kleinen" Buchhändlers und der faire und "soziale" Verlag von früher werden in der alten Form eben auch nicht überleben. In neuer Form haben sie sicher ein gute Zukunft!

    Um Kunst, Kultur und Künstler nicht aussterben zu lassen, müssen wir sehr viel mehr tun, als zu protestieren.

    Einiges davon können wir bei Pionieren wie PvC lernen. ;)

    Sie sind eine ausgezeichnete Autorin - Sie müssen sich sicher keine Sorgen machen!

    Gruß Heinrich

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  32. Vielen Dank für diesen feinen Artikel!

    Teilweise kann man die ganze Diskussion - auf beiden Seiten - nur noch als hysterisch empfinden.


    :::"dass seit Jahren auch Chancen verschlafen werden, die jetzt andere nutzen"


    Das trifft's! Für mich haben die Verlage zu einem großen Teil Mit-Schuld daran, daß es Büchertauschbörsen gibt.

    Und aktiv werden sie leider nur in die falsche Richtung - vor Gericht ziehen gegen die hoster. Diese Naivität zeigt mir, daß das Internet für diese Herrschaften immer noch eine fremde Welt ist.
    Macht ein hoster dicht, wachsen zehn neue nach.
    Oder man läßt Studien erstellen, um nachzuweisen, wie sehr sie geschädigt werden.

    Im April gab es wieder so eine, es ging um "Fachbuch-Piraterie" durch eine Seite, bei der "ein kommerzielles Interesse nicht erkennbar war".
    Dort tauschen Studenten (oft schweineteure, aber dringend benötigte) Fachbücher.

    Und ich kann mir nicht helfen - ich hab dafür Verständnis.
    Die Unis haben kein Geld, um genügend Bücher zur Verfügung zu stellen, weil ja traditionell immer zuerst bei Bildung und Kultur gespart wird; die Verlage verpennen die Chance, Fachbücher in ebook-Form anzubieten. Und wenn doch, dann zu einem Preis, der nur knapp unter dem des gedruckten Buchs liegt.

    Mich wundert da nicht, daß Studenten hier quasi zur Selbsthilfe greifen..

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  33. Erst einmal: Ein toller Artikel, und das Lob sehe ich nicht als Widerspruch zu der Tatsache, dass auch ich unterschrieben habe. Ich habe allerdings eine Weile überlegt, ob ich mich diesem Aufruf anschließen sollte oder nicht, denn ich sehe in der Tat die Sache ambivalent. Andererseits gibt es einige Dinge, zu denen ich eine eindeutige Meinung habe, und eins davon ist der Begriff des "geistigen Eigentums" (oder meinetwegen irgendein Synonym dafür). Ich will NICHT, dass andere über (immaterielle) Dinge, die ICH geschaffen habe, beliebig verfügen können. Wie schon mehrfach in anderen Artikeln oder Kommentaren erwähnt, gibt es durchaus heute schon genügend Möglichkeiten, Inhalte zur freien Nutzung zur Verfügung zu stellen, aber die Entscheidung darüber sollte doch bitte derjenige treffen, der diese Inhalte geschaffen hat, also der Urheber. In der Tat gibt es, was Nutzungsrechte angeht, Klärungsbedarf - das weiß jeder, der schon mal das Vergnügen hatte, entsprechende Verträge zu schließen bzw. Rechte zurückzufordern. Andererseits muss es aber auch für Verwerter (ganz gleich, ob offline oder online) eine Sicherheit geben, dass getroffene Vereinbarungen eingehalten werden. Und wie im "richtigen" Leben sollten die "Kleinen" vor allzuviel Übermacht der "Großen" geschützt werden. Warum ich trotzdem unterschrieben habe, ist recht einfach zu erklären: Manchmal braucht es erst mal ein undifferenziertes WIR, um sich Gehör zu verschaffen! Man darf nur beim WIR-Rufen nicht vergessen zu sehen, dass es auch die andere Seite gibt ...
    Auch wenn ich also nicht in allen Punkten Deiner Meinung bin: Ich wünsche mir mehr solcher Artikel :)

    Viele Grüße
    Nikola

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  34. Ganz herzlichen Dank, dass jetzt auch Beiträge von der "anderen" Seite kommen, die die Beweggründe der Menschen sichtbar machen, warum dort unterschrieben wird - so wird der Tisch noch runder!

    Ich muss noch einmal klar und deutlich sagen (weil mich da offensichtlich viele falsch verstehen (wollen?)): Ich unterstütze absolut nicht die Parteilinien von Bündnis 90 und Piraten, im Gegenteil, bei manchen Texten stellen sich mir die Haare auf! Ich glaube aber, dass es nichts bringt, nur Gänsehaut zu bekommen. Wenn eine Partei auch in Landtage einzieht und ganz normale Leser sie wählen, dann will ich wissen, was die denken und will, dass die den Betroffenen genauso zuhören wie ich ihnen. Weil so vieles aus Unkenntnis der Lage der anderen entsteht.

    Ich hatte gestern ein interessantes Twitter"gespräch" mit einem jungen Studenten, Pirat, der mich voll auf die Palme brachte. Ich hab mich trotzdem darauf eingelassen und festgestellt: Viele Gedanken kann ich nachvollziehen, vieles habe ich ähnlich gedacht, als ich im gleichen Alter war. Aber ihm fehlte völlig ein Umfeld, in dem ich noch aufgewachsen war und das es heute nicht mehr gibt und die Kenntnis meiner Arbeitsbedingungen - der lebt in einer anderen Welt, war lieb in seinem Weltverbesserungsbestreben, aber eben an der Realität vorbei. Trotz der Kommunikationsschwäche von Twitter sind wir dann trotzdem zu einem fruchtbaren Austausch gekommen, bei dem wohl jeder vom anderen etwas lernte. Er merkte, dass meine Arbeit ganz anders funktioniert, als er sich das vorstellte. Ich würde die Piraten nie und nimmer wählen, aber mit den Menschen hinter der Parteimaske kann man reden!

    Ich hab das auch in meinem Rant gesagt: Ich bin uneingeschränkt FÜR das Urheberrecht. Wenn ich von Reformen rede, meine ich eigene Gedanken, keine Parteiideen.

    Ich finde z.B. das Urheberrecht so lange nach dem Tode in der Tat problematisch (aus meiner Arbeit als Urheberin heraus). Die Gegenseite findet, ein Autor müsse seine "Güter" vererben können, weil das schließlich den Nachkommen Geld bedeute. In der Realität gelangen aber so viele Erbteile nicht an Menschen, die sie nutzen (Tierheim, Tante Erna mit Hass auf Literatur, Adäquate zur Witwe Beuys). Also sind jene Texte auf 70 Jahre für die Menschheit verloren. 70 Jahre Vergessen sind in der schnelllebigen Zeit totales Vergessen. Die Texte können sogar - oft genug in der Literaturgeschichte geschehen, von Erben zensiert, verändert werden.

    Meiner Meinung nach könnte man ein solches Erbe, das nun einmal mit Kultur und nicht nur Privatleben zu tun hat, gesetzlich an eine Verpflichtung, eine Verantwortung koppeln: Der Erbende hat die Werke auch lebendig und zugänglich zu halten. Oder das Ganze fällt an die Nationalbibliothek. Basta. Mein Reformvorschlag.

    Hier in Frankreich gibt es jetzt ein Gesetz (das das Urheberrecht verändert), dass verwaiste und vergriffene Werke von der Nationalbibliothek neu aufgelegt werden. Bei abgelaufenem Urheberrecht automatisch, bei noch Lebenden müssen DIESE widersprechen und dafür sorgen, dass sie selbst das Werk neu herausbringen (wenn nicht, bekommen sie übrigens Honorare).

    Erst haben Urheber Zeter und Mordio geschrien, jetzt merken sie, dass das Gesetz auch gegen Verramschung wirken könnte. Die Backlist im Self Publishing als E-Book wird Norm werden. Solche Gesetze werden derzeit auf breiter europäischer Ebene in allen Parteien und betreffenden Gremien beraten, das hat nichts mit den Piraten zu tun. Da sollten viele Schriftsteller hierzulande auch endlich einmal aufwachen! Wir leben in Europa ...

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  35. @Heike Koschyk
    Liebe Heike, deine Position kann ich absolut nachvollziehen, ich kann verstehen, dass man erst mal aufschreit in so einer Debatte! Was ich nicht verstehen kann, ist die Tatsache, dass bei solchen Köpfen ein derart ärmlicher und teilweise unsinniger Text herauskam, dass er das Anliegen nicht unbedingt befördert. Und wenn ich mich dann öffentlich schäme, so gehört das zum Journalistenberuf, um neue, andere Debatten anzuregen - das funktioniert nicht mit Kuschelrock ;-)

    Im Vorfeld hatte ich viele Diskussionen mit ganz normalen LeserInnen. Die waren erstaunlicherweise entsetzt. Bei vielen war der Tenor: Ich habe diese Leute verehrt und geachtet - aber damit komme ich nun überhaupt nicht zurecht. Thema Aura des Buchs, Mythos um Schriftsteller... Die Leute wachen auf: Ach, das sind ja auch nur wütende Leute, die zurückhauen, aber inhaltlich nicht viel bringen. Nicht meine Meinung, sondern die, mit der ich mich auseinandersetzen musste. Die normalen Menschen sind angewidert von der Urheberrechtsdebatte, wie sie derzeit verläuft, immer mehr machen dicht und reagieren dann aus Wut und Trotz sogar gegen das Urheberrecht.

    Ich glaube, diese Debatte hat längst einen Punkt erreicht, wo wir ganz dringend den LeserInnen POSITIV nahebringen müssen, was an Büchern und Autoren so "toll" ist, warum es eine Riesenfreude ist, so etwas zu erhalten, zu pflegen, zu unterstützen. Woran Bücher und Autoren zugrunde gehen, was sie schützt, was die LeserInnen, die immer auch WählerInnen sind, positiv für die Literatur machen können. Die Bewegung "Wir sind die Bürger" ist nicht umsonst genau in dem Augenblick entstanden (zumal im Wahlkampf).

    Kurzum, auch an Nikola: Ich achte und respektiere die Unterzeichner udn wenn es euch dabei wohler ist, ok.
    Aber wie Heinrich bin ich der Meinung, dass es eigentlich schon fünf nach zwölf ist und das gegenseitige Frontmachen nur die wahren Probleme verdeckt.

    Im Herzen befürchte ich sogar das, was meinen Freunden aus Film, Fotografie und Musik längst passiert ist - und denen hat das Urheberrecht auch nichts genützt, weil die Probleme ganz woanders lagen. Wir werden in den nächsten Jahren ein Sterben von Verlagen (fängt schon an bei den Indieverlagen), Buchhandlungen und Autoren bekommen. Ein Sterben an Strukturschwächen, an Versäumnissen im System, nicht an einem Aufweichen des Urheberrechts. In meinen Alpträumen habe ich manchmal den bösartigen Verdacht, dass uns die Urheberrechtsdebatte, so wie sie derzeit geführt wird, vielleicht nur von den wahren Problemen ablenken soll. Aber das sind nur Alpträume ...

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  36. Liebe Petra,

    ich lese deine Artikel sehr gerne, weil ich deinen Stil mag, ich habe auch jüngst dein Blog-Buch gekauft und werde es im Urlaub lesen - aber ich bin oft anderer Meinung als du.
    Ich finde es zum Beispiel völlig in Ordnung, gegen eine These eine Antithese aufzustellen.

    Bei dem "Wir sind"-Schreiben der Urheber geht es um die Zusammenarbeit mit den Verwertern.
    Nicht jeder kann ohne Verwerter produzieren. Dass man alles selber machen könnte, heißt nicht, dass man es auch wirklich kann.
    Epub erstellen, mp3 hochladen, BOD bedienen etc. - das alles erfordert viel Wissen und vor allem viel viel Zeit.
    Manche können es technisch nicht, manche zeitlich nicht, manche wollen es nicht.

    Die Tatsache, dass es Verwerter gibt, ist nicht schuld an schlechten Verträgen. Wer besser verhandelt, bekommt bessere Verträge. Das hat nichts mit Urheberrecht oder Nutzungsrecht zu tun.

    Ich verstehe dich so, dass du mit deinen Werken Geld verdienen willst. Und das ist das "WIR". Das wollen die Unterzeichner nämlich auch.

    Mit herzlichen Grüßen, Carla

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  37. Liebe Carla,
    die Welt wäre schrecklich öde, wenn alle nur meiner Meinung wären! Widerworte sind oft interessanter als Applaus.

    Wenn es so ist, wie du sagst, dann hätte die Aktion doch heißen müssen: "Wir sind die Urheber mit den Verwertern". Dann wäre da dieser seltsame Gegensatz zwischen Verlagsautor und Indie-Autor. Sie heißt aber "WIR sind die Urheber. Gegen den Diebstahl geistigen Eigentums".

    Und schon da kann ich der Sache nicht mehr folgen:
    ---Wo dürfen die Hybridautoren unterschreiben, die für Verlage und als Indie arbeiten?
    ---Sind Verlage wirklich einfach nur Verwerter? Die Verleger, die ich kenne, würden laut Aua schreien, mit so etwas in einen Topf geworfen zu werden!
    ---Haben wir heutzutage als URHEBER wirklich alle Verwerter und immer die gleichen? Sind die wirklich immer gut für ihre Autoren und so besorgt und mühevoll?
    ----Oder ist das eine Aktion von "Wir sind die Urheber mit den tollen Verwertern, die eigentlich Verlage sind und die uns päppeln und die wir lieben, und alle anderen bleiben draußen"?

    Dann kann ich erst recht nicht unterschreiben (abgesehen davon, dass ich das arrogant fände). Ich bin, wie so viele Urheber dieser Welt, zwar auch bei richtig tollen Verlagen (und hab grad bei Suhrkamp-Insel unterschrieben), aber eben nicht nur!
    Ich verkaufe Fotos, Übersetzungen, Texte - immer als Urheberin. Aber manchmal an gnadenlose Verwerter, an Verwerter, die mir ihre Nutzungsrechte diktieren (friss oder stirb). Die mich sogar teuer abmahnen würden, wenn ich aus dem eigenen Artikel zu viel zitiere. Als literarische Übersetzerin muss ich manchmal Rechtsverzichte unterschreiben, bei denen Autorinnen schwindlig würde - und da hilft einem kein Literaturagent.

    Oh ja, da geht es knallhart um Nutzungsrechte und keiner hilft uns, auch nicht die Verbände. Wer nicht unterschreibt, bekommt den Vertrag nicht. So einfach ist das heutzutage. Urheberrecht, wenn ich nicht mal meine eigenen Artikel weiterverwenden darf? Urheberrecht, wenn ich einer Freundin erlaube, kostenlos meinen Text bei einem Auftritt zu verwenden, weil ich ihr den schenke - und sie wird dann dafür belangt, trotzdem?

    WIR ALLE sind DIE Urheber. Nicht nur diejenigen mit den netten und bemühten Verlagen. Auch die mit den brutalen Verlagen, die auf Leistungsschutzrecht pochen. Oder die ganz irgendwelchen Verwertern ausgelieferten, als da wären Agenturen etc. Urheber sind auch all diejenigen, die im Internet schöpferisch tätig werden. Zu einem "wir", das all diese Urheber ausklammert, kann ich noch weniger stehen.
    Herzlich, Petra

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  38. Korrektur:
    ----Oder ist das eine Aktion von "Wir sind die Urheber mit den tollen Verwertern, die eigentlich Buchverlage sind und die uns päppeln und die wir lieben, und alle anderen bleiben draußen"?

    Es gibt nämlich nicht nur Buchverlage ...

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  39. Goldtfisch12/5/12 12:28

    Liebe Frau van Cronenburg.

    Vielen Dank für den Artikel und Ihre differenzierte Betrachtungsweise.

    Ich war ehrlich bestürzt, wieviele gestandene Künstler und Literaten, darunter nicht wenige, die ich sehr schätze, Ihren Namen unter diesen sprachlich wie argumentativ eher dürftigen Text gesetzt haben. Welche diffusen Ängste müssen sie treiben, sich vor den Karren einer Kampagne spannen zu lassen, deren Sinn sich mir ehrlich gesagt nicht einmal recht erschließt.

    Es wird immer viel von Respekt und Wertschätzung geredet in dieser Debatte, bzw. vom (unterstellten) Mangel an beidem. Aber Respekt und Wertschätzung kann man nicht einfordern, die muss man sich verdienen.

    Leider muss man sagen, dass die diversen Medienbranchen sich bislang ihrerseits nicht eben durch respektvolles Verhalten ihren Kunden gegenüber hervorgetan haben und man muss auch der Buchbranche bescheinigen, dass sie keineswegs mit positivem Beispiel vorangeht.

    Welche Kunden bringen einem wohl eher Respekt und Wertschätzung entgegen: Die, die man ernstnimmt und deren Bedürfnissen man entgegenkommt? Oder die, denen man droht, die man gängelt und beschimpft und deren Bedürfnisse man lapidar als überzogene Anspruchshaltung abtut?

    Also noch einmal: Vielen Dank für Ihren Artikel, der in meiner Bookmarkliste einen Ehrenplatz neben den Debattenbeiträgen von Dietrich Brüggemann, Johnny Haeusler und Christoph Hardebusch bekommt.

    Ich werde jetzt Ihr Blogbuch kaufen. So.


    P.S.: Darf ich zu guter Letzt noch eine Bitte äußern? (Sie müssen ihr nicht entsprechen, wenn Sie nicht wollen.)

    Sie schrieben, Sie seien "aufgefordert" worden, zu unterschreiben. Darf ich fragen von wem und in welcher Form? Oder wäre das indiskret? Mich würde das sehr interessieren.

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  40. Goldtfisch12/5/12 12:32

    Sorry, am Anfang des ersten Absatzes meines Beitrages muss es natürlich "ihren Namen" heißen statt "Ihren Namen".

    Erschloss sich aber hoffentlich aus dem Zusammenhang.

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  41. @Goldfisch
    Nur ganz kurz, bevor ich ins WE gehe: Bevor das Papier in der ZEIT abgedruckt wurde, kursierte die Website schon unter Kolleginnen und Kollegen, die das weitergaben und in den Social Media dazu aufriefen, zu unterschreiben - so kam es auch irgendwann an mich: "Da musste unbedingt mitmachen, wichtige Sache!"
    Mehr am Montag und herzlichen Dank!

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  42. Der Initiator und Koordinator der Aktion, der Literaturagent Matthias Landwehr, hat übrigens im Vorfeld ebenfalls einen schriftlichen Aufruf in die Verlagswelt geschickt, wie ich gerade erfahre. Mit Hinweis auf das große Medieninteresse ...

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  43. Alles fein, aber rätselhaft bleibt, warum Cronenbrug "am Ende der Nahrungskette" stehen will. Am Ende der Nahrungskette stehen die fettesten und reichsten Lebewesen. Der Mensch oder der Hai. Mikroben stehen am Anfang. Also wäre Cronenburg am Ende der Nahrungskette die, die alles frisst und alles bekommt.

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  44. Ehrlich, liebe PvC, ich verstehe deine Position nicht - bzw. nehme sie als wildes, richtungsloses Toben wahr. Nur durch das Urheberrecht ist man als Urheber überhaupt in einer Verhandlungsposition mit Verwertern. Ohne Urheberrecht und dem dazugehörigen Verwertungsrecht kann jeder dein Zeug vermarkten, ohne dich überhaupt zu fragen! Deine Texte und Bilder könnten für Dinge eingesetzt werden, die du nicht gutheißt! Und nur weil jemand das Urheberrecht befürwortet, ist er/sie doch nicht negativ gegenüber den neuen Möglichkeiten des Internets eingestellt oder schätzt nicht die zusätzlichen Freiheiten, die es bietet. Niemand MUSS mit Verwertern zusammenarbeiten. Die Möglichkeiten über das Internet oder Print on Demand zu veröffentlichen statt mit einem Verlag zusammenarbeiten, gibt es nun ja schon seit über 10 Jahren - so what, jetzt gibt es halt noch ein paar mehr wie E-Books. Ich sehe aber überhaupt keinen Grund, dass das Urheberrecht deshalb zu Ungunsten der Urheber geändert werden muss. Und wenn für dich die Beträge von der VG-Wort so lächerlich sind, warum meldest du dich nicht dort ab - dann bekommen die mehr, denen die lächerlichen Beträge vielleicht die Krankenversicherung bezahlen. Und viele sind froh, wenn sie ihren Kindern die Rechte an ihren Werken vererben können, weil sie sonst nichts haben, was sie vererben können. Jedem Urheber steht es frei, seine Werke und alle Rechte zu übertragen - dann verfüge das doch in deinem Testament - das Urheberrecht gibt dir die Freiheit dazu. Und wieso ist es gut, wenn man für Fotografien nichts zahlen muss - auch Fotografen sind Menschen, die von etwas leben wollen. Es muss ihre Entscheidung bleiben, wann sie ein Foto verschenken und wann nicht. Genauso wie es deines bleiben muss.

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  45. "Am unteren Ende der Nahrungskette", wollte ich sprachverwuslerisch sagen, Anonym. ;-) Solche Sprachfehler passieren, wenn man den ganzen Tag nur Französisch spricht... Dafür geben einem Verlage z.B. Lektoren, die Geld kosten, das eingebracht werden muss.
    Ich verbessere das nun absichtlich nicht, ihr Hinweis auf die Mikrobe im Haifischbecken ist nämlich zu schön!

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  46. Matthias Ulmer12/5/12 13:53

    Am besten gefällt mir die Zeile:

    "Es geht mir nicht schlecht, weil 1000 Menschen meinen Roman kostenlos herunterladen. Es geht mir schlecht, weil die Vorschüsse kontinuierlich sinken."

    Das erinnert an den Klassiker mit dem Strom aus der Steckdose.

    Dass Sie Ihrer Familie keine Erträge aus Ihren Werken vererben wollen, das ist ja ok. Müssen Sie ja auch nicht. Sie können Ihre Rechte auch an gemeinnützige Organisationen geben. Um die Familie abzuklemmen, dafür braucht es die Verkürzung der Schutzrechte nicht.

    Im Bereich Buch, Zeitschriften etc. Gibt es nicht viel Streit um die 70 Jahre nach Tod etc. Letztlich ist das für diesen Teil der Kultur auch weitgehend irrelevant. Sind Sie sich aber sicher, dass Sie die Notwendigkeit der 70 Jahre für alle Gattungen durchschaut haben und nicht möglicherweise zu kurz greifen?

    Deshalb finde ich Ihren Vorwurf, die Urheber des Aufrufs hätten wohl nicht lange nachgedacht nicht gut. Auch Sie haben nicht länger nachgedacht. Das ist normal, deshalb Bedarf es einer gemeinsamen Diskussion, damit man von den anderen Lernen kann. Mit dem Vorwurf, den Sie hier ausbreiten wird es zur Diskussion wieder nicht kommen.

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  47. @Wortverdreher-Nahrungskette...

    Solche "Schlussfolgerungen" kann man wirklich nur anonym losschicken. Manchmal muss man sich nicht für die Menschen schämen, die unreflektiert irgendwelche Listen unterschreiben, sondern für die, die hinterher darüber "diskutieren".

    Das "große Problem" des Internets ist nicht nur das Urheberrecht, sondern dass fast alle Internetnutzer glauben, dass sie machen können, was sie wollen - anonym.

    Wenn es keine anonymen Internetzugänge gäbe, sondern jeder nur identifizierbar veröffentlichen und downloaden dürfte, würde auch nicht so viel gestohlen und betrogen.
    Das wird wohl eines Tages die "Lösung" sein. Dann können wir ja eine "Privatsphärenliste" ins Leben rufen. ;)

    Gruß Heinrich

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  48. Liebe Eva Schumann, leider verstehe ich deine Position auch nicht. ;-) Denn du unterstellst mir hier Dinge, die ich so nicht gedacht habe - einige verstehst du auch einfach falsch (bei den Fotos, die Museen elend teuer oder kostenlos oder zugänglich und preiswert abgeben, ging es um HISTORISCHES Material, an dem nur noch das Museum verdient, oder eine Agentur, kein Urheber etc. / Ich lehne Vererben nicht grundsätzlich ab, sondern rede von gesellschaftlich-kultureller Verantwortung als Vorschaltung).

    Ich bin ***FÜR**** das Urheberrecht. Punkt. (Wie oft muss ich das eigentlich noch sagen?)

    Ich bin GEGEN die derzeitige extreme Kampagnerei, GEGEN selbstdefinierte Wir-Ansprüche (die - den Reaktionen nach, offensichtlich doch viele Urheber ausschließen sollen?), gegen das Aufschaukeln von Gegensätzen, bis alle Fronten verhärten; gegen leerdrehende Flugblattaktionen, die nicht konstruktiv und aktiv an den Ist-Zustand unserer Welt gehen. Zum Glück mehren sich immer mehr differenzierte und sehr viel sachlichere Stimmen, u.a. in meinen Links zu finden. Die Kampagne "Wir sind die Urheber" zählt meiner Ansicht nach nicht dazu, weil sie Feindbilder im Wortschatz aufwärmt.

    Die EU befasst sich längst mit möglichen Urheberrechtsreformen (und das Beispiel Frankreich zeigt, dass man Teile auch ohne EU-Ebene ratzfatz durch Gesetzerlass ändern kann). Es geht also längst nicht mehr darum, auf den Status Quo zu pochen, sondern dort *mitzureden*, damit das Ganze glimpflich für die Urheber abläuft. Kommen werden die Reformen auch ohne die Piraten. Und ohne die Urheber, die sich verweigern. Staatspolitik...

    Und bitte, bitte kommen wir endlich mal so weit, dass Urheber nicht einfach nur Buchautoren sind! Und auch nicht irgendwelche Self Publisher (mich verwundert schon, dass dieses Fass eines künstlichen Gegensatzes hier immer wieder aufgemacht wird).

    Urheber sind genauso (weibliche Form mitdenken) freie Texter, Übersetzer, Fotografen, Illustratoren, Journalisten, PR-Leute, Bühnenschaffende, Choreografen, Filmschaffende, Musiker, Komponisten, Maler, Bildhauer etc. pp. Sehr viele Buchautoren verdienen sich parallel in solchen Berufen ihr Geld.

    Tut mir echt leid, dass ich die Welt nicht nur als Buchautorin betrachten kann: weil ich multipel urheberisch tätig bin wie viele, viele KollegInnen auch. Und da sieht die Welt ein klein wenig anders aus als in der gemütlichen Bücherwelt!

    So, und jetzt bräuchte ich noch deine Kontonummer, um dir meinen VG-Wort-Scheck zu überweisen, den ich sonst hemmungslos verprasst hätte ;-)

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  49. Liebe Petra,

    danke schön, dass ist mal eine nette Vorreiterrede für eine vertretbare Position in dieser unseeligen Debatte - aus der ich mich leider wider Willen nicht so raushalten kann, wie ich es mir wünsche. Die Polarisierungssprüche wie "Kultur ist Allgemeingut und sollte deshalb umsonst sein" so ernst zu nehmen, als sagten das Erwachsene oder eben die "Pfoten-Weg-das-ist-mein-Text"-Verknöcherungen haben mich vor allem gelangweilt. Ich bin mit einem "Lassen Sie mich durch - ich bin Germanist"-Button auf der Messe gewesen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Danke für ein paar weitere amüsante Leseminuten

    Anja Thieme

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  50. @Matthias Ulmer

    Freut mich sehr, dass Sie hier mitdiskutieren, Herr Ulmer - ich habe Ihre Beiträge schon in "Prinzip Buch" sehr geschätzt.
    Und Sie führen mir natürlich genau die Schwäche meines - mit heißer Nadel gestrickten - Beitrags vor Augen: Auch meine Ideen sind in vielen Bereichen nur angedacht, sind wahrscheinlich genauso aus subjektiven Erfahrungen entstanden wie die der anderen. Aber genau damit möchte ich auch zu Widerspruch mir gegenüber herausfordern (zum Glück kommt er ja jetzt), zu einer Sachdiskussion, bei der es um die Inhalte geht, nicht um Feindbilder.
    Und die werden sprachlich in dieser Kampagne sehr gut bedient, bei der Meinung bleibe ich, das sieht man auch bei den Reaktionen von außerhalb der Buchbranche.

    Ich gebe zu, meine Idee, "kulturelles" Erbe anders zu behandeln als rein private Erbangelegenheiten, ist verwegen. Ich bin darüber derzeit in einer spannenden Diskussion mit einem befreundeten Urheberrechtsanwalt und selbst rechtlich natürlich völlig unbeleckt, in ganz jungem Lernzustand.

    Als in Frankreich lebende Autorin war ich von unserem Gesetz zu den verwaisten und vergriffenen Büchern - auch die Lebenden betreffend - zuerst entsetzt. Da will mir ein Ministerium gemeinsam mit der Nationalbibliothek das Recht nehmen, über die Verwendung nicht mehr verlegter Bücher selbst zu entscheiden! Wenn das kein Bruch des Urheberrechts ist!

    Inzwischen sehe ich das ein wenig anders. Wenn ich gute Gründe habe, bleibt das Werk ja unsichtbar. Aber sonst gibt es nun keinen Grund mehr, Lesern die Einsicht in vergriffene Bücher zu verwehren (für die ich als Lebende Tantiemen bekomme). Das gibt der Backlist von Autoren und Verlagen einen völlig neuen Stellenwert. Und wie man sieht, ist die Geld wert.

    Nach meinem Tod handelt es sich um eine Art "Backlist der Backlist": Sprich, ich als Urheber kann gar nichts mehr entscheiden. Und auch das Verfügen nützt nicht im Ernstfall. Also dachte ich mir: Warum nicht so ähnlich ein Gremium wie die Nationalbibliothek vorschalten? Wenn die Rechteinhaber nicht bereit sind, posthum die Werke zu veröffentlichen und veröffentlicht zu halten, könnte doch gesetzlich möglich sein, dass die Nationalbibliothek das übernimmt?

    Es geht ja nicht darum, dass Erben leer ausgehen. Es geht mir darum, dass Erben nicht aufgrund der langen Schutzfristen einfach Werke vorenthalten oder sonstwie verändern können. Das wäre ja nicht im Sinne des Vererbenden, oder? Es passiert aber in der Kunstwelt sehr oft, immer öfter.

    Zugegeben, alles ganz unausgegoren einfach mal nur so dahingedacht. Ich weiß auch nicht, inwiefern mir Frankreich die Sicht verschiebt, denn ich sehe auch die unsäglichen "Segnungen" von HADOPI (anderes Thema). Wäre schön, wenn aus meinem "Ins-Unreine-Denken" an allen möglichen Orten eine *fruchtbare* Diskussion würde. Ich lasse mich auch gern davon überzeugen, dass ich mir Mist ausgedacht habe! Vielleicht ließe sich meine Idee auch ohne Verkürzung der Schutzrechte erreichen - dazu habe ich zu wenig Ahnung von Juristerei. Das wäre ja schön.

    Und so tippe ich natürlich nur Dinge an und hoffe vor allem, dass die Diskussion endlich aus der Buchbranche hinausgetragen wird. Denn die Leser und Wähler interessiert unser Fachsprech nicht, die leben in einer anderen Welt, von der wir uns nicht abkoppeln sollten.

    Wenn das Urheberrecht und der Umgang mit Nutzungsrechten den gegebenen modernen und künftigen Umständen gewachsen ist, dann müssen wir da draußen auch ganz deutlich kommunizieren, warum man mit diesem Recht ganz praktisch all das machen kann, was heute "anders" ist. Und wenn das nicht geht, müssen wir untersuchen, warum. Da sind so viele drängende Themen, wie z.B. DRM, wo ich wirklich Angst habe, dass die "Kunden" ihre Welt längst von der unseren abgekoppelt haben.

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  51. PS: Die VG Wort hat das übrigens mit ihrem Papier sehr viel sachlicher und besser hinbekommen als diese unselige Kampagne, siehe Links.

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  52. Matthias Ulmer12/5/12 23:13

    Die Versachlichung nimmt der ganzen Diskussion den Pfeffer und ich habe auf beiden Seiten Verständnis dafür, dass es mit Pfeffer einfach besser schmeckt.

    Die VG Wort zeigt, dass auf sachlicher Ebene niemandes Blut in Wallung geraten muss. Aber wenn man über Monate so angegriffen wird wie die Rechteinhaber, dann wird es eben auch gefeiert, wenn die Stimmung mal umschwenkt. Auch das muss sein dürfen. Die Rituale gehören zu jedem Tarifstreit, gerade in Frankreich ist dieser Schlagabtausch zwischen Präsident und Volk beim Rentrée schon heiliges Ritual.

    Die Schutzfristen haben in meinen Augen heute mehr Bedeutung bei den Urheberpersönlichkeitsrechten als bei den Tantiemen. Der Schutz des Ansehens eines Werkes und seines Urhebers wird von den Erben oft sinnvoll gepflegt. Und im Bereich klassischer Musik sind die 70 Jahre manchmal auch für die Verwertung entscheidend, da sich die Werke selten schon zu Lebzeiten voll durchsetzen.

    Die Regelung für verwaiste Werke, die von den Lobbygruppen ausgearbeitet dem Justizministerium vorliegen zeigen, dass sinnvolle Lösungen durchaus möglich sind. Und die noch offenen, wirklich zu regelnden Punkte sind in Wahrheit ja nicht viele. Sie liegen hauptsächlich im Bereich der Wissenschaft, worum zu Recht heftig gestritten wird.

    Solange die neuen Geschäftsmodelle nicht voll funktionsfähig sind, solange werden die Nutzer zu Recht schimpfen. Aber als Verleger weiß ich, wie hoch die Investitionen sind, wie komplex die Umstellung der Workflows und wie diffizil bis unmöglich die vollständige Rechteeinholung. Von 100 Frühjahrsneuerscheinungen konnten wir gerade mal 32 digital anbieten. Die Klärung der Bildrechte ist insbesondere bei Neuauflagen oft unmöglich. Hier wäre etwas Geduld angebracht. Niemand schläft. Und in zwei Jahren ist das alles Schnee von Gestern. Wir erwarten nur, dass der Gesetzgeber in dieser Phase auch seiner Aufgabe der Rechtssicherheit nachkommt. Das ist leider nicht der Fall. Weder ist dafür ACTA die Lösung noch Hadopi. Aber die komplette Untätigkeit der Staatsanwaltschaft angesichts der offensichtlichen Rechtsverletzungen ist auch bitter.

    Die mediale Aufmerksamkeit für die Piraten hat inzwischen die Politiker aller Parteien so verschreckt, dass auch die vorliegenden Lösungen etwa für verwaiste Werke in der Schublade bleiben. So gesehen haben die Piraten zunächst mal nur eine Reform verhindert. Die mediale Aufmerksamkeit für die Urheber könnte diese Angststarre nun etwas lockern. So bringt uns möglicherweise gerade dieser Aufruf der Urheber einer sinnvollen Lösung erst näher. Das hoffe ich zumindest.

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  53. @ Petra,

    " ... Kurzum, auch an Nikola: Ich achte und respektiere die Unterzeichner udn wenn es euch dabei wohler ist, ok."

    Wohler? Ich bin ein bissel am Schmunzeln, ich hoffe, es kommt auch so rüber :)) Nein, ich könnte auch wohl weiterleben, wenn Du mich auseinandernähmest ... Streitkultur nennt man das! Mir ist wohl, wenn ich lese, dass "man" sich bemüht, die Dinge sachlich zu sehen, und vor allem: Lösungen zu finden :)

    In diesem Sinne: Viele herzliche Grüße
    Nikola

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  54. Als einer von den 'wirklich Verantwortlichen' kann ich sagen, dass wir hauptsächlich im Bestsellerbereich releasen. Unser Angebot befriedigt eine Nachfrage. Ich persönlich kann verliebten Vampiren nichts abgewinnen, aber ich poste sie trotzdem.

    Die allerwenigsten Schriftsteller haben durch unsere Tätigkeit also Einbußen. Ob wir den wenigen tatsächlich schaden, ob wir ihnen in der gemischten Kalkulation nicht eher nützen, weil wir sie bekannt machen, lasse ich mal dahingestellt.

    Jedenfalls ist das Problem von 98 % der Autoren nicht die Buchpiratenszene. Und da trägt PvC sehr zur Versachlichung bei.

    Der Buchhandel verändert sich rasant. Mit den Ebooks entfällt die Daseinsberechtigung eines Gutteils der Gewinnschöpfungskette. Nur wird der Kuchen immer noch von denselben Leuten auf dieselbe Weise geteilt.

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  55. Wer sagt das?

    Wer fragt das?

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  56. Immer diese anonymen Meinungen von wirklich Verantwortlichen. Mal passen sie, mal nicht.
    Ich bin auch anonym, aber bei meiner Meinung ist es völlig egal, ob ich Leser und Kunde Nr. 1000 oder 32768 bin. Darum sage ich den Künstlern, deren Produkte ich kaufe, dass ich alles kaufe, was mich interessiert, was einen fairen Preis hat und zwar auch, wenn ich weiß, wo ich es stehlen könnte. Das Stehlen liegt nicht jedem Menschen.
    Was meine ich mit fairem Preis? Die Preise, die Filme, Bilder, Musik und Bücher seit 50 Jahren haben. Mit einer Einschränkung, wenn ein eBook so viel wie ein Hardcoverbuch kostet, bin ich sauer.

    Ob die Künstler sich informiert haben, als sie die Liste »Wir sind die Urheber« unterschrieben haben, ist mir egal. Sie dürfen Ihre Meinung auch gerne ändern, den Text des Aufrufes ändern, oder Ihre Unterschrift zurücknehmen, wenn sie eines Besseren belehrt wurden. Ich bin auch oft überfordert, wenn ich auf der Straße angesprochen werde, dass ich eine Liste unterschreiben soll.

    Völlig egal, wer »Recht hat«, oder wo die goldene Mitte liegt, wird sich auch diese Aufregung wieder legen und die Künstler werden verstehen, dass Ihnen niemand die Existenz zerstören will und die »Netzgemeinde« wird lernen, dass das Internet nicht dazu dient, ihnen alles kostenlos zu besorgen, sondern dass es den Mächtigen dient, schneller Geld zu verdienen und die Menschheit gläsern zu machen.

    Wenn Geheimdienste, die schon jetzt jeden PC ausspionieren können, es nicht für wichtig erachten, jeden illegalen Downloader zu verfolgen, scheint es »größere Probleme » auf dieser Welt zu geben. Das sage ich nicht, weil ich gerade ein Buch gelesen habe, in dem der Autor den Krieg im Internet sehr plastisch beschrieben hat, sondern weil ich neben der Angst, die die Urheber gerade haben, es schon sehr oft erlebt habe, dass Menschen Angst hatten und gehofft haben, dass »irgendwer« es richten wird und ihnen die Angst nimmt. Dieses Mal müssen die Künstler und ihre Vermarkter wohl neben ihrer kreativen Kunst auch eine Kreativität entwickeln, wie sie ihr Produkt für die zukünftige Welt aufbereiten wollen. Eine Protestliste, dass Tante Emma Läden nicht abgeschafft werden sollen, hat auch keinen Erfolg gehabt.

    Das ist nur die unmaßgebliche Meinung eines Lesers, der seit 60 Jahren Bücher kauft und die nächsten 40 Jahre auch noch Bücher kaufen wird, egal ob gedruckt, digital oder per Telepathie übertragen. Hauptsache, sie sind interessant und mein Geld kommt den Autoren zugute und nicht ausschließlich einem milliardenschweren Konzern oder skrupellosen Finanzjongleuren.
    Das finde ich tragisch, da sitzen Urheber und ihre Kunden schon lange im gleichen Boot und merken es nicht. Während sie sich streiten, wird der Kuchen nach wie vor an anderen Stellen verteilt. (Warum kann Google ALLES der Netzgemeinde kostenlos anbieten und verdient trotzdem Milliarden?)

    Warum schreibe ich meine Gedanken in PVCs Blog?
    Weil mir persönlich ihre Darstellung des Konfliktes eher einleuchtet und weil sie seit ewig langer Zeit LeserInnen und KollegInnen bestens informiert, hilft und auch in diesem Beitrag mal wieder eine exzellente Recherche zeigt. Siehe auch die Linkliste am Ende des Artikels, wo auch die gegenteiligen Meinungen aufgezeigt werden. Wer will, kann sich also umfassend informieren.

    Gruß Heinrich

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  57. Bitte jetzt keine Diskussionen um "Anonym".

    Ich kann jeden in der Branche verstehen, der öffentlich sensible Dinge sagt und nicht genannt werden will, weil er vielleicht Konsequenzen befürchtet. Was ich als Journalistin machen mag, ist nicht in jedem Beruf zuträglich. Nehmen wir anonyme Beiträge diesbezüglich als ein Zeichen der Angst - was über die Situation auch einiges aussagt.

    Außerdem ist das Bloggerformular so blöde gestrickt, dass viele nicht wissen, dass man zum Namenseintrag nicht unbedingt eine URL braucht.
    Sollte dann tatsächlich mal einer die Anonym-Funktion dafür missbrauchen, zu stänkern oder Dreck / Spam abzuladen, behalte ich mir vor, ihn gnadenlos zu löschen.

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  58. TEIL 1
    @Matthias Ulmer
    meine Zeit ist leider etwas knapp derzeit, deshalb nur kurz und pfeffrig:

    Die User schimpfen längst nicht mehr. Die User handeln und gewöhnen sich ans Handeln, weil sie sich im Regen stehen gelassen fühlen.

    Nehmen wir nur das klitzekleine Thema DRM. E-Books ohne DRM konvertiere ich völlig legal in alle gängigen Systeme, von mobi in epub und umgekehrt, auf den Reader der Ehefrau, der Kinder: mit der legalen (!) Software Calibre. Und weil es so ärgerlich ist, dass man mit DRM mobi-Bücher nicht auf den Sony bekommt und epubs nicht auf den Kindle, gibt es ein illegales (!) Plugin, das wie mit Zauberhand jedes DRM bricht. Inzwischen läuft das auch auf legaler Software - und zwar so, dass man nicht mal mehr merkt, ob man's hat oder ob es aktiv arbeitet. Das soll keine Anleitung sein - aber raten sie mal, was Otto Leser macht, während Buchhandel und Buchbranche laut wehklagen, die bösen Amerikaner würden ja nur ach so geschlossene Handelssysteme kreieren!

    Wenn dann schon Verlagsverantwortliche öffentlich bekennen, warum sie DRM brechen, dann raten Sie mal, wie kriminell sich Otto Leser dabei noch fühlt: http://paidcontent.org/2012/04/24/breaking-drm-publishing-exec

    Anstatt den Lesern Usability und Service zu bieten, malt man den großen Buhmann Piratenbörse an die Wand, wiederholt die Fehler der Musikindustrie und verpasst die Chance, die "geschlossenen" Systeme zu öffnen.

    Andere Kleinigkeit: Bei meinen Buchrecherchen brauche ich viel Buchmaterial. Seit Jahren beobachte ich, dass die Veröffentlichungszeiten bis zur Verramschung immer kürzer werden, Bücher außerhalb der Bestsellergenres oft sehr schwer zugänglich sind. Bei Google bekomme ich an erster Stelle die Piratenbörsen, wo sie sofort verfügbar sind. E-Books des gleichen - da hat der Verlag noch gar keins geschaffen, schon sind sie im Netz (vielleicht sollte man sich den Workflow der Piratenbörsen mal zunutze machen?). Wissen Sie, wie viel moralische Kraft es dann braucht, *nicht* zuzugreifen? Meine These: Piratenbörsen haben nur so lange diesen Erfolg, wie es die Buchbranche den Kunden nicht endlich absolut leicht macht, auf bezahlte, legale Inhalte zuzugreifen. Warum lernt man nicht von iTunes?

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  59. TEIL 2

    Sie sagen, die Rechteeinholung für E-Rechte bei den AutorInnen sei diffizil bis unmöglich. Da hätte ich eine Idee: Bieten die Verlage den Autoren anständigere Verträge, die sie nicht mit Tantiemen für E-Books zu lächerlichen Prozentsätzen abspeisen, in manchen Verträgen auch noch 60:40 oder 50:50 geteilt, dann kommen die Autoren von selbst!

    Amazon bietet uns nämlich in einem vernünftigen Preissegment 70%, alle anderen Anbieter bieten sehr viel mehr als Verlage!
    Nun sagen viele, ja, aber der Autor braucht doch dringend den Verlag, weil nicht jeder das technisch drauf hat oder die Zeit dazu. Kappes! Ein E-Book konvertiert Ihnen heute jeder Student mit links, mit einem professionellen Programm haben Laien (!) einen normalen Roman in zwei Stunden verkaufsfertig!!! Die Self Publishing Szene boomt - mit bezahlbaren Cover-Diensten, mit Konvertierdiensten etc.

    Ja, aber die Autoren verkaufen doch selbst nix, die brauchen den Verlag, sonst gehen die E-Books nicht. Ich habe kürzlich bei Radio Fritz in einem Interview von einem Experiment berichtet - ich bekam in einem Monat so viele E-Books los wie mein Konzernverlag im ganzen letzten Jahr des Taschenbuchs. Ich bin längst kein Einzelfall mehr.

    Im Moment wäre jeder Autor verrückt, seine E-Rechte abzugeben und dann womöglich kaum E-Books zu verkaufen, weil der Verlag Mondpreise dafür verlangt und das E-Book mit DRM in irgendeine Verkaufsnische stellt.

    Otto Leser hat keine Ahnung von Workflow. Otto Leser sieht, dass es die Self Publisher können. Otto Leser sieht, dass bemühte Indie-Verlage, die oft bis an die Grenzen aller Kapazitäten arbeiten, schneller E-Books anbieten als Großkonzerne mit dem wirklich dicken Geld. Otto Leser wandert dorthin, wo er seine Bücher bekommt, denn der Verlag ist ihm schon längst egal.
    Es geht eigentlich schon gar nicht mehr ums Urheberrecht. Es geht um die Kette Autor - Buch - Kunde.

    Ja, in zwei Jahren ist das alles Schnee von gestern, da gebe ich Ihnen recht. In zwei Jahren werden aber leider auch einige Verlage und Buchhandlungen Schnee von gestern sein. Ob man das dann Verschlafen nennt oder anders, wird den Untergegangenen nicht mehr helfen.

    @Heinrich
    Sie haben dazu einen sehr wahren und wichtigen Satz gesagt:
    "Das finde ich tragisch, da sitzen Urheber und ihre Kunden schon lange im gleichen Boot und merken es nicht."
    Genau das wird über unsere Zukunft entscheiden. Das und die Fähigkeit, den Kunden zuzuhören und sie zu verstehen.

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  60. "Fotorechte? Können Sie haben, macht 300 Euro pro Bild, wir sind kulant. In den USA bekomme ich die gleichen Fotos umsonst, weil die Eigner dort Bildung und Kultur zuliebe die Abdruckrechte umsonst abgeben oder allenfalls einen kleinen Obolus für spezielle Datenaufbereitungen verlangen, für die Arbeit damit. Ganze Bibliotheken, Archive und digitale Sammlungen stehen mir im Ausland online zur Recherche zur Verfügung."

    Welche Archive sind das? Mich würde es sehr interessieren, da ich öfter Fotos suche, deren Lizenzen nicht extrem teuer sind und auch bei Werbeschaltung im Blog verwendbar bleiben.

    Gruß!
    Und: Super Artikel!

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  61. @Lumana Weltenspur

    Wie das mit werbenden Blogs ist, müsste man abchecken, manche haben sogar ein eigenes Einbindungsprogramm / Sharing für Blogs, bei dem das Foto automatisch auf die Quelle zurückführt.

    Bei mir ging es um reine Abdruckrechte im Buch und um historische Fotos. Es waren auch nicht alle umsonst, aber deutlich billiger. Also unbedingt Nutzungsbestimmungen durchlesen!
    Meine Favoriten, auch für europäische Stoffe:

    Library of Congress:
    http://www.loc.gov/index.html
    New York Public Library:
    http://www.nypl.org
    und das wunderbare flickr-Commons-Projekt:
    http://www.flickr.com/commons/
    Aber auch hier die Rechtsbestimmungen lesen, nicht alle Fotos sind für alle Lebenslagen frei verwendbar.

    Und für Blogs mit modernen Motiven gibt's natürlich jede Menge kostenlose Stock-Foto-Agenturen (ich verwende fürs Blog gern pixelio.de) und sehr billige Agenturen (fotolia.de)

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  62. Und was die wenigsten wissen: UrheberInnen sind oft ganz nette Leute. Wenn man sie freundlich VORHER fragt, kann man sich einiges Material auch leisten. Bei Flickr kann man z.B. jeden Fotografen einfach anquatschen und ihm sagen, wofür es ist.

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  63. @PvC
    Das ist ja eine wunderbare Antwort. Vielen lieben Dank für die tollen Links! Und die Idee mit Flickr ist spitze - an so etwas habe ich noch nicht gedacht und werde bestimmt mal ausprobieren. :)
    Danke!

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  64. Danke Petra!

    Erneut ein toller Kommentar, der wichtige Punkte der ganzen Problematik mal aus den richtigen Positionen ausleuchtet.
    Und nicht einfach beharrlich aus irgendeiner Richtung gegen A oder B drischt.
    Vielen Dank dafür!

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  65. "vielleicht sollte man sich den Workflow der Piratenbörsen mal zunutze machen?"

    @PvC

    Das ist ja mal ein Wort, das runtergeht wie Butter ;)

    Aber im Ernst: Ebooks gibt es bei den Piraten schon 10 Jahre und länger. Ebooks (= gescannte Bücher) sind eine Erfindung der Piraten, genau genommen. Dass wir so erfolgreich sind, hat vor allem damit zu tun, dass die Verlage (immer noch) wenig bis nichts von der Buchdigitalisierung verstehen.

    Das Copyright ist ja nicht nur Glaubensthese, sondern auch Wirklichkeit. Die Verlage und viele Autoren erkenn nicht einmal, dass Digitalbücher keine Sachen sind, die sich einzäunen lassen.

    Für mich als Buchpirat ist die Frage überhaupt nicht, ob es das Copyright geben SOLL, sondern ob es das Copyright geben KANN. Die Verlage - und auch viele Autoren - stellen noch nicht einmal die richtige Frage.

    Das Problem sind nicht die 'Piratenboards', das Problem ist das Ebook selbst. Der Vorteil des Papierbuches ist, dass man es festhalten und damit besitzen kann. Der Nachteil ist, dass es sich nur sehr aufwändig vervielfältigen lässt. Beim Digitalbuch ist das genau umgekehrt. Es lässt sich in unendlich großer Zahl unendlich schnell ohne viel Aufwand vervielfältigen, aber eben nicht besitzen.

    Wer das nicht versteht, hat noch einen langen Weg de Leidens vor sich, denke ich.

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  66. Lieber Buchpirat,
    ich habe eine andere Theorie als Sie.
    Egal, ob sie Ihr geklauten Bücher einzäunen oder nicht, legal oder illegal alles kopieren - wirklich KOSTENLOS gibt es auf dieser Welt nichts!
    Wenn Künstler für ihre Kunst kein Geld mehr bekommen, leben sie von Sozialhilfe. Die muss auch erarbeitet und bezahlt werden.
    Wenn Künstler ihr Geld über "Werbung" verdienen, bezahlen wir die Produkte der Firmen teurer, die Geld für Werbung ausgeben. Wenn Künstler von der GEZ bezahlt werden, werden die GEZ-Gebühren verzehnfacht.
    Sie glauben, dass Sie alle Googledienste kostenlos bekommen? Nein, nicht wirklich. Ich muss Ihnen wohl nicht erklären, wo die Milliarden herkommen, die Google verdient, und wer das letzten Endes bezahlt.

    Sollte die Rechnung des Marktes eines Tages nicht mehr aufgehen, weil Buch-, Musik- und Filmpiraten alles kostenlos im Internet kopieren möchten, dann wird entweder ein Internetzugang 200 Euro im Monat kosten, weil die Provider "Copygebühren" abführen müssen, oder die Politiker lassen sich eine Internetsteuer einfallen.

    Ob Sie nun 2 Euro für die Kopie eines Ebooks, ein MP3 oder einen Film bezahlen, oder 8 Euro für einen Liter Sprit, weil der Staat sonst nicht genug Steuern vom Bürger eintreiben kann, um ungerechte Einkommensverhältnisse auszugleichen, ist doch Jacke wie Hose. Wenn es kein Benzin mehr gibt, wird eben eine Kilowattstunde Strom 3 Euro kosten.

    Und wenn dann eines Tage niemand mehr Bock hat zu arbeiten, Steuern und "Gebühren" zu zahlen, wird uns auch das Urheberrecht nicht mehr aufregen - dann haben wir vermutlich größere Sorgen.

    Das eigentliche Problem auf diesem Planeten ist nicht der Wandel der Technik, Papier oder Bytes zu kopieren, sondern die Menschen, die nicht weit genug denken und handeln können.

    Also - viel Spaß beim Kopieren - kopieren Sie alles, was Ihnen in die Finger kommt und heben sie es für Ihre Kinder auf - für die bleibt nämlich nichts mehr übrig, was sie kopieren oder verzehren könnten.

    Gruß Heinrich

    Ich lese jetzt hier weiter
    http://cronenburg.blogspot.de/2012/05/empathie-statt-hass.html
    und werde es mir zu Herzen nehmen, mehr Empathie zu entwickeln (auch für kurzsichtige Buchpiraten.)
    Aber dieser "Kopiertheorie" musste ich unbedingt noch hinzufügen, dass es mit dem Kopieren ja nicht endet.

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  67. @ Heinrich

    Was du sagst - und ehrlich meinst - kannst du jedem Schwarzarbeiter und jedem verbeamteten Leistungsverweigerer entgegenhalten. Die Buchpiraten sind nicht die einzigen, die dem Allgemeinwesen kurzsichtig Schaden zufügen.

    Worauf ich hinaus will, ist dass niemand eine Sache besitzen kann, die auf solche Weise ungreifbar ist wie ein Ebook.

    Worauf ich eigentlich hinauswill, ist folgendes: Es gibt im Bereich Ebooks nur zwei erwähnenswerte 'Markt'teilnehmer: Amazon und die Buchpiraten. Wie will die Verfolgergruppe jemals aufrücken, wenn der eine verteufelt und der andere negiert wird?

    Während Verlage und Autoren noch um eine gerechte Startaufstellung rangeln, ist das Rennen selbst bereits in der entscheidenenden Phase. Es geht mittlerweile nicht mehr um den Namen des Rennens - irgendwas mit Copyright - sondern um die Zielgerade. Amazon arbeitet verschwiegen, aber verbissen an einer erschwinglichen Flatrate für Ebooks. DAS ist mal eine Konkurrenz!!

    ====================================

    Nachfolgendes gehört nicht zum Kommentar, daher bitte löschen:

    Hallo Petra,

    da ich bei Buchreport.de sofort gelöscht werde, hat mich überrascht, was du hier geschrieben durchgehen lässt. Da ich hier keine Kontaktmail finde, ist hier meine: spiegelbest@yahoo.de. Falls du mal was hast, zu dem ein unbedeutender Buchpirat was beitragen kann, bitte sehr. Ich bin kurzentschlossen und mache das meiste mit ;)

    Ich will aber immer genau überlegen können, was ich schreibe. Also bitte keine Chats oder Facebooksachen.

    Nett gewesen hier

    Spiegelbest

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  68. TEIL 1
    Spiegelbest,
    ich lasse hier Sachen durchgehen, die *sachlich* sind und mit denen ich mich auseinandersetzen kann. Dein Beitrag gehört dazu. Löschen kann ich deinen Anhang nicht, sonst müsste ich alles löschen. Damit musst du jetzt leben, auch wenn sich's lustig vermehren sollte, freies Kopieren für alle ;-) Hast du Angst vor dem Netz?

    Ich persönlich finde es interessant, mal in den Kopf eines Menschen zu sehen, der glaubt, nur weil man etwas machen KANN, DÜRFE man das auch.

    Ich versuche, das auf mein Leben zu übertragen, um es überhaupt nachvollziehen zu können. Ich KANN über eine rote Ampel fahren, technisch alles drin, ich bilde mir ein, mich damit auch nicht in allen Fällen arg kriminell zu fühlen, etwa, wenn ich dringend ins Krankenhaus muss. Trotzdem werde ich da in F heftig dafür verknackt. Die "unsinnige" (?) Verkehrsregel dazu ist oft dämlich, etwa nachts, bei freien Kreuzungen. Trotzdem halte ich schon bei Orange an. Warum eigentlich? Weil diese Regel einen tieferen Sinn hat. Sie schützt Menschen vor dem einen Mal zu viel. Wenn ich wie der Bolide mit anderen zusammenstoßen würde, Fußgänger überfahren, die Grün haben etc. Technisch und von der persönlichen Moral her kann ich bei Rot über die Ampel fahren. Ich kann aber damit auch andere schädigen, bis hin zu deren Untergang. Einmal kann dieses eine Mal zu viel sein. Was man da einmal durchgehen lässt, schleift sich ein, irgendwann fahren alle, wann sie gerade Lust haben. Verkehrschaos. Verkehrsinfarkt.

    Der Mensch ist ein soziales Wesen. Und darum ersinnt er sich immer wieder Regeln, um die Schwächeren zu schützen. Ein Mensch kann sich außerhalb dieser Gemeinschaft begeben. Aber welche Beweggründe hat er dafür außer purem Machbarkeitswahn oder Egoismus? Was ist der Sinn seines Daseins für die Gemeinschaft? Und warum bewährte Regeln abschaffen, solange man noch keine neuen Systeme hat?

    Wenn du sagst: "Es gibt im Bereich Ebooks nur zwei erwähnenswerte 'Markt'teilnehmer: Amazon und die Buchpiraten." - so finde ich das mehr als nur zynisch. Das grenzt an Menschenverachtung. Marktteilnehmer sind nämlich zuallererst einmal die Schöpfer, ohne die es all das nicht gäbe, was du lustig durchkopierst und was Amazon verkauft. Ohne diese Schöpfer und ihre Schöpfung wärst du ein kleines Nichts, Amazon müsste Klopapier handeln.

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  69. TEIL 2 @Spiegelbest

    Ich weiß nicht, wovon du dein Geld verdienst, wir verdienen es mit unseren Schöpfungen, mit dem Schreiben. Wir leben ohnehin schon am Rande der Armut damit. Wie sollen wir uns künftig finanzieren, wenn Leute daherkommen, die uns indirekt die Butter vom Brot nehmen, indem sie unsere Schöpfungen gratis in der Welt verteilen, uns damit also den Markt zerstören?

    Sollen wir uns künftig von Piraten aushalten lassen? Ein Pirat ernährt zehn Künstler? Wäre doch mal eine Alternative, oder?! Oder eine Piratenabgabe. Pro soundsoviel Downloads zahlen die Piraten soundsoviel an die Verwertungsgesellschaften und die wiederum an ihre Künstler? Ihr könnt euch ja durch Werbung finanzieren. Oder durch Fanspenden und Fernsehauftritte?

    Ich denke so kleinkariert-altmodisch wie Heinrich: Ich finde es gar nicht doll, die Preise auf "Unschuldige" abzuwälzen oder aufs Gemeinwesen. Wenn schon, dann machen wir das doch direkt unter uns aus: Piratenbörsen öffnen ihre Geldbörsen. Denn von irgendwas müssen wir Künstler leben!

    Sag jetzt nicht, wir sollen einen Zweitberuf nehmen. Das sagt auch keiner dem Bäcker oder Schornsteinfeger. Schreiben ist unser Beruf. Komme mir niemand mit Spenden, freiwilligen Zahlungen - habe ich hier fürs Blog getestet, ist der absolute Reinfall. Übrigens haben von ca. 6000 Lesern (nur hier im Blog) genau 13 zum "Dank" ein Blogbuch zu 2,99 E gekauft - 13 von 6000 (!), die anderen haben nur kostenlos konsumiert. Ich habe dafür viele Stunden gearbeitet, umsonst.

    Nun bietest du, Spiegelbest, die Piraten als Könner im Fach an. Was würdest du davon halten, wenn der Börsenverein auf euch zukäme und euch anbieten würde, legal für zig Verlage die Digitalisierung zu übernehmen und Shopsysteme à la Amazon auszubauen? Nicht zum Verschenken der Bücher, sondern um allen ein Auskommen zu bieten, die am Buch schwer schuften? (Irre träumen darf man ja mal). Würden die Piraten denn da mitmachen? Das wäre nämlich ein urbürgerlicher Job. Oder geht's euch nur um den Kick, den ich hätte, wenn ich am hellichten Tag bei Rot über die Kreuzung rasen würde?

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  70. TEIL 3 @Spiegelbest

    Mir ist klar, was du mit dem Besitzen meinst. Dafür wurde der Rechtsbegriff "immaterielle Güter" geschaffen. Dinge, die man nicht greifen kann, die keine Ware sind, die man nicht in die Hand nehmen kann. Deine Logik, wenn ich ihr richtig folge, sagt: Was ich nicht materiell besitzen kann, ist vogelfrei, damit kann jeder machen, wer er will. Ohne zu fragen.

    Jetzt pass aber mal auf, was da im Wirtschaftssystem passiert. Viele, die immaterielle Güter "verschenken", glauben, sie könnten damit etwas Neues außerhalb des Kapitalismus schaffen. Weil dieser öde Kapitalismus, Künstler ordentlich zu bezahlen, ja blöd ist. Und jetzt knackt ihr aber ausgerechnet an *immateriellen* Gütern herum!
    Habt ihr mal den guten alten Marx gelesen? Der wollte auch den Kapitalismus abschaffen und ging deshalb erst mal an die Materie, die Warenzockerei. Produktion, Produkte, Greifbares.

    Was ich jetzt absolut nicht verstehe: Warum geht ihr an immaterielle Güter, wo das Spiel am einfachsten und ungefährlichsten ist? Klingt pervers, aber damit seid ihr eigentlich die schlimmeren Kapitalisten! Weil ihr nur Respekt vor *greifbarer* Ware habt. Ihr achtet nur, was man mit Händen greifen kann. Was für ein purer Materialismus! Wieso überfallt ihr keine Buchhandlungen und räumt sie leer? Weil's so schwer ist? Weil das Gefängnis danach ein bißchen mehr weh tut, als wenn man einen Künstler direkt schädigt? Oder weil ihr die großen Materialisten dieser Welt seid?

    Ich hätte auch gern eine neue Welt. Ich hab auch was gegen Zocker im System. Aber erkläre mir: Wo ist der Unterschied zwischen einem durchgeknallten Zocker am Aktienmarkt, der auf Lebensmittel wettet, und einem Piraten, der mit immateriellen Gütern zockt? Beide sind brave Rädchen des Kapitalismus. Beide sorgen dafür, dass andere Menschen Geld verlieren. Geld, das die zum Bezahlen der Miete brauchen, für Babynahrung ihrer Kinder, fürs Füllen des Kühlschranks. Wo ist da der Ansatz für eine neue Welt???

    Kurzum: Ich kann deine Denke aufgrund deines Kommentars ein wenig nachvollziehen, verstehen kann ich sie noch nicht. Kannst, willst du eigentlich Künstler verstehen, die von Dingen leben müssen, die man nicht in die Hand nehmen, aber irre schnell kopieren kann?

    PS: Ich will meine Bücher nach diesem Gespräch nicht in Piratenbörsen finden. Noch weiß ich nämlich nicht, wovon ich das Heizöl für den nächsten Winter bezahlen soll. Und ich lebe noch im alten System, wo sich Strom und Wasser noch nicht frei kopieren lassen.

    Lass dir ruhig Zeit zum Antworten. Ältere (ab 8 Tage) Beiträge sind dann halt moderiert, ich schalte die dann zeitversetzt frei.

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  71. Goldtfisch16/5/12 11:44

    Huh, spannende Diskussion. Möchte mich da auch gar nicht einmischen, da PvCs Antworten im Prinzip nichts hinzuzufügen ist.

    Deshalb nur ein kleiner Beitrag zu dem Satz "Ohne diese Schöpfer und ihre Schöpfung wärst du ein kleines Nichts, Amazon müsste Klopapier handeln."

    Amazon scheint der Zeit weit voraus zu sein: http://tinyurl.com/cwxttnp

    Gruselig, irgendwie.

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  72. @spiegelbest
    Inzwischen hab ich im Netz ein paar Interviews mit dir gefunden, die mir ein paar meiner Fragen ein klitzekleines bißchen erklären. Aber wenn ich das alles recht gelesen habe, plant ihr so eine Art Weltimperium des Handels gegen Amazon??? Dann läge der Beitritt in den Börsenverein also gar nicht mal in weiter Ferne? Oder verstehe ich das falsch? Mir fehlt da noch ein wenig Praxis ...

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  73. @PvC

    Mein Gott, da habe ich ja was losgetreten ;)

    Aber ich werde antworten, das ist nur fair.

    Zur Klärung: Für mich sind die Autoren - ich hoffe das habe ich verständlich gemacht - die absoluten Gewinner der Digitalisierung. Ich bezeichne sie nur nicht als 'Marktteilnehmer', weil sie noch nicht direkt am Markt in Erscheinung treten, eben nur mittelbar über Verlage und Buchhandel.

    Die Digitalisierung kommt für ein durch Privilegien und Lobbyismus verwöhntes Buchhandelssystem sehr überraschend - das ist wohl so. Aber gerade die 'kleinen' Autoren haben doch hier nur zu gewinnen. Sie waren doch die Verlierer in diesem System. Aber ich will auch mal Tacheles reden:

    Was sagst du eigentlich dazu, dass viele Menschen, vor allem jüngere Menschen über die Buchpreisbindung vom Lesen ferngehalten werden? Ein Diogenes-Bändchen für € 22,- - das ist ein soziales Ausschlussverfahren! Sollen nur die Kinder reicher Eltern lesen können? Wir bieten Lesestoff. Wir sind so gesehen eine digitale Bibliothek, die überall jedem - egal welcher Herkunft - das Lesen von Büchern ermöglicht. Das halte ich in der Tat für sozial, in der Tat.

    Zudem: Sollen die Jungen und Mädchen sich nur Filme und Computerspiele reinziehen? So sieht es nämlich in der Praxis aus!! Bücher kosten ein Vermögen - Filme, Spiele, Musik sind umsonst und im Überfluss vorhanden. Wir erfüllen also nicht nur eine soziale, sondern auch eine kulturelle Funktion - so traurig das ist! Unsere Szene ist überschaubar, aber sie unterscheidet sich in ihren Motiven sehr von der Film- und Spieleszene.

    Ich kann dir also nicht die Fratze eines Pornosrussen zeigen. Meine Motive sind tatsächlich idealistische. Verdienen kannst du mit deutschen Ebooks nichts. Dass wir junge Leute - und das ist unser hauptsächliche Nutzergruppe - zu Lesern machen, dient mittelbar auch den Autoren, denke ich. Natürlich machen wir viel 'leichten' Lesestoff, aber immerhin wird in Randbereichen des Internets wieder gelesen. Wer hätte das gedacht!?

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  74. @Anonym (ich nehme an Spiegelbest):

    "Was sagst du eigentlich dazu, dass viele Menschen, vor allem jüngere Menschen über die Buchpreisbindung vom Lesen ferngehalten werden?
    Sollen nur die Kinder reicher Eltern lesen können?"


    Das ist doch Unfug - schon mal was von Stadtbibliotheken, Pfarrbibliotheken, Schulbibliotheken, Unibibliotheken usw usw gehört?

    "Bücher kosten ein Vermögen - Filme, Spiele, Musik sind umsonst und im Überfluss vorhanden.

    Und auch das ist Unfug. Filme, Spiele, Musik kosten ebenfalls Geld - und teils sehr viel mehr als Bücher!

    Übrigens - wie steht ihr denn dazu, daß Julia Schramm Eigentum "ekelhaft" findet, aber keine Hemmungen hat, hunderttausend Euro Garantiehonorar von einem Verlag für ihr Buch zu kassieren.
    Wofür?
    Es gibt ja in eurer Sicht kein geistiges Eigentum, also müßte sie konsequenterweise ihr Buch kostenlos in den Tauschbörsen anbieten.
    Oder?

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  75. Freut mich, dass du mitdiskutierst, spiegelbest.
    Für alle anderen zur Erläuterung: Wenn ich das richtig verstanden habe, ist spiegelbest Pirat im Sinne von Piratenbörsen, was nicht automatisch identisch ist mit der gleichnamigen Partei! Bitte nicht alles in einen Topf werfen. Und verbessere mich, falls ich mich irre.

    @spiegelbest
    Trotz Serverstandorten halte ich nicht automatisch jeden für einen Pornorussen, ich weiß da schon zu differenzieren. Ich halte dich für intelligent, ich glaube, dass du sowas wie eine "Mission" hast, wenn ich auch noch nicht so ganz dahintersteige, worin die wirklich besteht, denn Jan hat dich ja effektiv widerlegt.

    Ich komme übrigens auch aus einem Arbeiterhaushalt ohne Bücher und bin dank öffentlicher Bibliotheken Leserin geworden (die haben heute auch Onleihe). Und ja, als Studentin habe ich Bücher kopiert, aber auf Geräten, für die eine Abgabe an die VG Wort abging, aus Bibliotheken, die Bibliotheksabgaben an die Künstler zahlen. Durch diese Kopien floss Geld an die Urheber. Und ich habe nebenher schon in der Schule gejobbt, nur um mir die schönsten Bücher auch kaufen zu können.

    Aber weißt du was ... ich finde die Sache zu spannend, als dass es hier in den Kommentaren untergeht. Wenn es dich nicht schon nervt, würde ich gern ein Interview mit dir machen. Ich schreib dich an. Ich habe nämlich in einigen Texten von dir im Web ganz praktische Ideen gefunden, die mich interessieren, wo, so verrückt das klingt, Autoren sich etwas abschauen könnten.

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  76. @Jan

    "Das ist doch Unfug - schon mal was von Stadtbibliotheken, Pfarrbibliotheken, Schulbibliotheken, Unibibliotheken usw usw gehört?"

    Ich war sogar mal drin in einer. 'Keine Mittelfreigabe seit 1 Jahr!' wurde mir gesagt. Das Angebot ist antiquarisch, manche Bücher schlichtweg modrig.

    "Und auch das ist Unfug. Filme, Spiele, Musik kosten ebenfalls Geld - und teils sehr viel mehr als Bücher!"

    Ich rede hier von Jugendlichen, die im Netz groß geworden sind. Für die sind Filme, Spiele und Musik umsonst, wenn sie einigermaßen fit sind. Nun sind auch Bücher umsonst und so startet der eine (meist die eine) mal einen Versuch in dem unbekannten Medium.

    "Übrigens - wie steht ihr denn dazu, daß Julia Schramm Eigentum "ekelhaft" findet, aber keine Hemmungen hat, hunderttausend Euro Garantiehonorar von einem Verlag für ihr Buch zu kassieren."

    Wie Petra richtig sagt, Piratenpartei und Piratenszene haben nichts miteinander zu tun. Julia Schramm wird released - da bin ich mir eigentlich ziemlich sicher.

    @Petra

    Okay, ich geh auf dein Angebot ein. Eine Art Interview können wir machen. So war das übrigens auch gemeint ;)

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  77. [zitat-spiegelbest]Was du sagst - und ehrlich meinst - kannst du jedem Schwarzarbeiter und jedem verbeamteten Leistungsverweigerer entgegenhalten. [/zitat]

    Ja, sicher! Aber da sind wir schon wieder bei den Gründen, warum die Menschen sich eines Tages selbst ausrotten werden. Ganz soweit ist es ja noch nicht.


    [zitat-spiegelbest]Amazon arbeitet verschwiegen, aber verbissen an einer erschwinglichen Flatrate für Ebooks. DAS ist mal eine Konkurrenz!![/zitat]

    Nur weil 1984 nicht exakt so eingetroffen ist, wie Orwell es geschrieben hat, können wir auch davon ausgehen, dass Googlezone (Google Epic 2015) nicht unbedingt in 3 Jahren komplett fertig ist, aber trotzdem nicht unrealistisch ist.

    Eine Amazon-Flatrate, egal für was ist doch schon das "Geschlossene Netz" im Netz, das die Gelder in die gewünschten Bahnen lenkt und nicht mehr ganz so "anonym" ist.

    Wenn ich von solche Aktionen lese ( http://www.boersenblatt.net/529507 ) kann ich mir ausmalen, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wirtschaftliche Schäden im Internet mehr anrichten als ein paar Atombomben.

    Sagt mir, was ich persönlich, konkret dagegen tun kann. Wenn es nichts gibt, weil es gegen menschliche Dummheit noch nie ein Mittel gegeben hat, werde ich meine letzten Jahre so gut es mir möglich ist, in dieser Welt hinter mich bringen.

    Gruß Heinrich

    Petra, die Idee, Spiegelbest zu interviewen finde ich sehr gut. Dass das Wort "Piraten" nun so oft gebraucht wird, obwohl nicht immer die Partei oder die Seeräuber in Afrika gemeint sind, zeigt mir, dass die Missverständnisse nie enden werden. Da kann so ein Interview tatsächlich mal Licht in die dunklen Sümpfe des Cyberspace werfen. ;)

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  78. Danke! Das Problem ist nur, dass der Mailer Demon mir einen 554 delivery error schickt. Mail mich mal unter sinnesreisen ätt gmx punkt net an

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  79. W.-R. Marunde16/5/12 18:02

    BvC Beitrag ist sehr emotional, und bewegt sich wie der Appell "Wir sind die Urheber!" auf der Ebene der politischen Akklamation.
    BvCs Argument mit den fiesen Verwertern, gegen die die Urheber angeblich nichts unternähmen, ist in diesem Zusammenhang ärgerlich. Total-Buy-Out-Verträge sind in Deutschland bereits als juristisch hochproblematisch eingestuft. Urheber/innen, die dagegen klagen, haben beste Chancen. Wer in einem der Berufsverbände ist, die auch einen Berufssrechtschutz haben, muss sich nicht fürchten. Und diese Berufsverbände wehren sich mit viel Erfolg.
    Die gegenläufigen Interessen zwischen Verwertern und Urhebern haben aber nichts mit der aktuellen Forderungen der Piraten zu tun. Bei der Freigabe von "privatem" Filesharing geht es um das reine Nutzerinteresse. Aber das öffnet auch alle Tore für kommerzielle Anbieter. Die Trennlinien sind in der Realität nicht zu ziehen, und einmal geöffnet sind die Tore nicht mehr zu schliessen.
    Ein echter Dialog, der den Ausgleich zwischen Nutzern und Urhebern neu austarieren will, muss sich mit den komplexen Fragen und Wechselwirkungen befassen. Das tut leider auch BvCs Appell nicht. Er will nur ein weiteres politisches Zeichen in der Flut der Statements setzen. Allmählich wird es Zeit, sich mit ernsthaften Analysen der tatsächlichen Faktenlage zu befassen.

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  80. @marunde
    PvC bitte, mit hartem B. ;-)
    Mein Beitrag gehört zur Gattung "Rant", das ist ganz klar. Ich denke aber, wenn ich es damit geschafft habe, Matthias Ulmer aus dem Vorstand des Börsenvereins, zig Autoren unterschiedlicher Gattung, einen Menschen aus der Szene der Piratenbörsen und "stinknormale" Leser zu dieser sachlichen Diskussion zusammen zu bekommen, wie sie hier in den Kommentaren abläuft, dann habe ich bereits einen Anfang gemacht. So eine Runde findet man selten anderswo, nicht in dieser Bandbreite - und genau hier setzt das Fragen und Antworten ein.

    Das Fass mit den Berufsverbänden möchte ich gar nicht erst aufmachen. Verdi hat mich einst als Journalistin abgelehnt, weil ich zu jener Zeit Inhaberin einer Firma war und damit böse ;-) Unternehmerin. Der VS lehnt mich ab, weil ich im falschen Land lebe und, Originalton, man nicht wisse, in welchen Landesverband man mich einordnen könne. Lassen wir das also mal mit dem ach so einfachen Klagen vor Gericht, ich weiß, wie viele KollegInnen, die nicht mein Pech haben, diesen Weg auch *mit* Rechtsschutz nicht beschreiten, weil sie Angst davor haben, den Auftrag nicht zu bekommen. Der geht nämlich ganz schnell an diejenigen, die stillhalten. Trotz Urheberrechtsgesetz.

    Ich bin völlig ihrer Meinung, es wird einfach Zeit für eine Analyse, für Fragen und Antworten zwischen den extremen Polen, fürs Differenzieren - vielleicht kann man ja sogar von der jeweiligen Gegenseite noch etwas lernen? Vielleicht mindestens das, dass es sich auch nur um Menschen handelt, mit denen man reden kann? Tauschen wir uns über unsere Bedürfnisse aus, auf allen Kanälen. Den Anfang habe ich hier ganz erfolgreich geschafft.

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  81. Falls die Kommentiererei hier mal platzen sollte, war es nicht ich. Blogger lässt pro Beitrag eigentlich nur maximal 70 Kommentare zu, wundert mich, dass die Technik noch nicht zusammenstürzt ;-)

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  82. W.-R. Marunde16/5/12 20:25

    Liebe PvC, ich würde die Konflikte zwischen Verwertern und Urhebern aus der Urheberrechts-Diskussion rauslassen. Es gehört zu meiner Freiheit als Künstler, selbst entscheiden zu können, welche Nutzungsverträge ich unterschreibe. Um meine Rechte durchzusetzen, habe ich meinen Berufsverband und seinen Rechtsschutz. Der hat auch mein Mandat, wenn es um die politische Vertretung meiner Interessen geht. Ich will weder die Piraten noch andere selbst ernannte Anwälte, die uns im Kampf gegen die "Verwerterindustrie" aufs Pferd helfen. Das stellt der Appell der Urheber in der Hauptsache klar, und deshalb unterstütze ich ihn.
    Ein Austausch der Interessen wäre sehr sinnvoll. Denn auch auf der Urheberseite sind sie sehr verschieden: Ein Orchestermusiker hat völlig andere Probleme als eine Autorin, ein Popmusiker andere als eine Illustratorin. Die Piratenpartei und ihre Sympathisanten betrachten Kultur fast ausschließlich aus der Sicht der Nutzer von Musik, TV-Serien und Filmen. So kann man schlecht über ein Gesetz diskutieren, das das gesamte Kulturleben ins ausbalancieren soll.
    Und an eine m.E. ganz wichtige Frage kommt man über das Urheberrecht nur schlecht heran: Die Funktion, die Popkultur für junge Menschen hat. Warum und wofür benötigen sie derart große Mengen an Content, dass es für sie als inakzeptable Zumutung gilt, darauf nicht jederzeit zugreifen zu können? Ich denke, wenn man dieses neue Verständnis von Kulturkonsum nicht näher anschaut, wird man die Energie nicht verstehen, mit der heranwachsende Nutzergenerationen ihre Interessen durchsetzen werden.
    Letztlich ist das eine ethische Frage.

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  83. @W.R. Marunde
    Genau darum geht es mir - sich zuerst einmal in all der Kampagnerei zu entspannen und auf die Vielfalt zu schauen, die so unterschiedlichen Interessen und Bedürfnisse und Ansichten. Vor allem endlich die künstlich geschürte Angst vor einer "Netzgemeinde" zu verlieren und nicht grundsätzlich alles zu verteufeln, was Internet ist.
    Leider sehen viele Literaten das Internet heute noch eher als feindliches oder überflüssiges Terrain. Und einige der Unterzeichner teilen bei Facebook lustig und locker geklaute Fotos und Cartoons, nutzen Plattformen, deren Politik sie verteufeln müssten (s. dazu Wolfgang Tischer bei Zeit Online: Links). Das ist alles so wirr.

    Wir leben nicht in einem Kampf mit der Piratenpartei (die spielt politisch vielleicht in ein paar Jahren keine Rolle mehr oder sie verändert sich wie einst die Grünen, sie ist auch jetzt eine Minderheit). Vor allem aber sind die Leute im Netz nicht "die jungen Menschen".

    Ich habe ein halbes Jahrhundert hinter mir und bezeichne mich als aktives Miglied der Netzgemeinde. Ich unterscheide mich in meinem Tun oft nicht unbedingt von dem eines 20jährigen. Ich bin nur anders sozialisiert worden. Ich werde in 20 Jahren eine andere sein als jetzt, in einer anderen Welt.

    Ich möchte deshalb meinen Artikel fortführen. In loser Reihenfolge möchte ich Interviews mit *sehr* unterschiedlichen Beteiligten führen und hier im Blog bringen. Zu ganz praktischen Fragen. Die Ethik mag sich dann jeder selbst aufbauen. Ich bin gespannt, ob ich die Interviewpartner bekomme, die ich mir vorstelle, dann öffnet sich die Diskussion vielleicht auch ein wenig mehr.

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  84. W.-R. Marunde17/5/12 21:25

    Ja, im Netz bewegen sich Menschen aller Altersgruppen, ich gehöre auch zu den älteren und langjährigen Nutzern.
    Die (illegalen) Konsumgewohnheiten aber, die die Diskussionen um das Urheberrecht ausgelöst haben, sind eher bei den jüngeren verbreitet. Plakativ gesagt: "Die jungen kopieren, die mittleren bezahlen." Wenn die älteren saugen, dann höchstens US-Serien wie Thrones, die bei uns legal nicht zu bekommen sind.

    Ich habe selbst fünf Kindern zwischen 14 und 24 und sehe, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Jahrgänge Filesharing-Plattformen nutzen. Das ist Teil ihrer Alltagskultur, sie sehen kein Problem darin – ausser dem Risiko, erwischt zu werden. Sie haben ihre bekannten Rechtfertigungskonstruktionen, darüber diskutieren wollen sie nicht.

    Die jungen Filesharer erreichen keine Debatten um das Urheberrecht. In 20 Jahren werden sie die Mehrheit sein. Und wahrscheinlich geht's dann auch schon um mehr, als nur um das "Teilen" von Musik und Filmen, oder anderen immateriellen Gütern. Vielleicht um das "Teilen" überhaupt, das Sichnehmen, was man haben möchte, um die Ausbeutung von Ressourcen. Um die Pflege einer lebendigen Kulturlandschaft, um ihren Wert für die Gesellschaft.

    Das sind letztlich ethische Fragen, die das ganze Gemeinwesen betreffen und nicht in das Belieben des Einzelnen gestellt sind. Sie erfordern einen gesellschaftlichen Konsens. Für das Urheberrecht wurde der über viele Jahrzehnte auch international erarbeitet. Wer diese Balance zwischen Nutzern und Kreativen ändern will, muss auch substantielle Begründungen dafür liefern.

    Worthülsen und Kampagnennebel, Rants und ausgeleierte Interviews hatten wir ja nun mehr als genug.

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  85. @ W.-R. Marunde

    Du hast mir aus der Seele gesprochen. Die Wirklichkeit im Netz wird doch in der öffentlichen Wahrnehmung großflächig ausgeblendet.

    Die Stärke der Piratenszene ist nicht ihre Skrupellosigkeit oder Wendigkeit - ihre Stärke sind die Nutzerzahlen. Niemand wird die nächsten Wahlen überleben, der sich mit der gesamten Bevölkerung zwischen 14 und 25 Jahren anlegt. Gerade ist ein franzöischer Präsident nicht zuletzt an seinem Three-Strike-Modell gescheitert.

    Das Copyright wird nicht von der Piratenszene zerstört, es wird schlicht abgewählt.

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  86. Nanana, bleiben wir mal auf dem Boden, Anonym, unser Präsident scheiterte nicht am Three-Strike-Modell. HADOPI ist auch unter dem neuen in Kraft. Und unsere Bevölkerung zwischen 14 und 18 war nicht wählen ;-)
    So komisch das klingen mag, aber Frankreich hat ganz andere Probleme als eine Urheberrechtsdiskussion...
    Uns ist die Sache wichtig, aber wir sollten uns nicht zu wichtig damit nehmen.

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  87. Liebe Frau Cronenberg

    Ich bewege mich noch nicht so lange aktiv im Netz - ich betreibe erst seit Kurzem ein Kunst-und Kultur-Internetportal (mit Blog). Deswegen sind meine Meinungen nicht ganz so fundiert wie ich sie gerne hätte - gefühlsmäßig aber sprechen Sie mir ebenfalls aus der Seele.

    Ich denke aber, viel Empörung rührt auch her von der Unklarheit der Alternativen oder neuen (besseren) Wege. Man muss sich - so kommt es mir vor - sehr einzelkämpferisch durchschlagen im Internet. (Durchschlagen musste man sich früher auch, aber es waren vielleicht ausgetretenere Wildpfade...)

    Interessant wäre es, mehr Klarheit zu erlangen, welche Methoden und Mittel vorhanden sind oder geschaffen werden müssten, um zu einem adäquaten Wertausgleich für sein künstlerisches oder kulturelles Schaffen via Internet zu gelangen. Immer nur Werbung und Spendenknöpfe? Was gibt es noch? Welche Strukturen wären erst noch zu entwickeln?

    Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe den Eindruck, wache und flexible Menschen - Künstler - merken, dass sich etwas Grundlegendes verändert.
    Ich bin aber bisher auf wenige Links gestoßen, die explizit neue Richtungen aufweisen. Nur auf Einzelkämpfer und
    lose Sammlungenvon Tipps. Vielleicht wäre aber ein bisschen mehr "wir" (ein anderes wir) doch mal angebracht - ein Zusammensetzen und Schauen, was geht, und wie? Ein allgemeines brainstorming zum Thema "Neue Wege in der Kulturvermarktung..."

    Oder vielleicht geschieht das schon und ist an mir bisher vorbei gegangen?

    Herzlichen Gruß,

    Sabine Pendl

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  88. Nachtrag

    Liebe Frau van Cronenburg

    Ich hatte nach Alternativen zum "Urheberrecht" als Einnahmequelle gefragt und nun eben noch mit Interesse und Spaß Ihren Blogeintrag zum verschenkten Buch gelesen sowie einen weiteren, den ich leider nicht mehr finde. Sie schreiben dort aber genau von den Alternativen: Mäzenatentum, Crowdfunding etc.

    Mir scheint es, als müssten sich alle Künstler und Kulturschaffenden mit der Tatsache vertraut machen, dass die Schwimmringe allerorts immer weniger und dünner werden. Was aber durchaus positiv sein kann - es verpflichtet zum Findig Werden, und das sollte wirklich Kreativen ja nicht allzu schwer fallen...hoffentlich.
    (Insofern passt auch die Diskussion um das Buch "Der Kulturinfarkt" sehr gut zum Thema.)

    Die Frage, die sich jeder Künstler stellen muss ist: Sehe ich das Schwinden der alten "Sicherheiten" (die auch nicht sicher waren) als Bedrohung oder als Herausforderung, die mich erst so richtig in Schwung bringt und sogar Spaß machen kann...
    Bei Ihnen habe ich den Eindruck, dass viel Unternehmungslust mitschwingt in dem was Sie tun und schreiben.
    Weiterhin viel und noch mehr Erfolg!
    Sabine Pendl

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  89. W.-R. Marunde22/5/12 16:34

    Ja, es gibt eine Menge wesentlich wichtigerer Probleme als das Urheberrecht. Aber unter dieser Flagge hat eine neue politische Kraft die Bühne betreten und enorm viel Resonanz gefunden, vor allem bei den jüngeren Wähler/innen. Man kann davon ausgehen, dass sie auch in den Bundestag gewählt wird.
    Die Piraten werden ihre beiden zentralen Themen politische Transparenz und Netzpolitik auch weiterhin in den Mittelpunkt stellen. Es bleibt ihnen auch nichts anderes übrig: Sie werden nun in jedem Interview, in jeder Talkshow darauf angesprochen.
    Auch Grüne und SPD fühlen sich dadurch offenbar genötigt, dazu Position zu beziehen. Solange kein Großereignis oder politische Dramen passieren, wird das Urheberrecht wohl bis zur Bundestagswahl in der öffentlichen Diskussion bleiben.

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  90. @marunde
    Nun, da Gesetze eine Angelegenheit der gesetzgebenden Kräfte sind, ist das Urheberrecht in der Politik auch ganz richtig. Jeder Urheber kann sich politisch engagieren und sei es nur durch die eigene Wahlstimme. Und die wichtigen Fragen nach gesellschaftlichem Konsens und eigener Ethik, die Sie richtig ansprechen, sind eigentlich auch Angelegenheit eines jeden von uns, angefangen in der Familie ... wir müssen uns leider nicht nur entscheiden, wie viel uns Kunst und Kultur auch gesellschaftlich wert sind, wür müssen auch Fragen zum Wissenszugang lösen und darüber nachdenken, wie viel Internetzensur und Staatsspionage wir wollen - das sind nämlich die anderen Seiten der Kontrollmedaille.

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  91. @Sabine Pendl
    Ich kann es nicht maßgeblich beurteilen und es fehlt auch an ernsthaften Studien, aber ich persönlich habe den Eindruck, dass Buchautoren eher extrem konservativ sind und den Status Quo bewahren wollen. Vielen KollegInnen machen sogar E-Books Angst, von Social Media ganz zu schweigen. Und ich sehe da sogar eine tiefe Spaltung zwischen Literaten und Unterhaltungsschriftstellern. Weil letztere fast nie auf Stipendien u.ä. Förderungen zurückgreifen konnten, waren sie schon immer gezwungen, ganz anders an die Öffentlichkeit zu gehen und zu überleben.

    Ich fürchte, ich gehöre mit meinem Weg (noch) zu einer absoluten Minderheit. "Hybridautoren", die gleichzeitig für Verlage arbeiten UND als Indie, gibt es nur sehr wenige. Viele schreiben mich verschämt privat an: "Toll, dass Sie sich outen, ich will das nicht öffentlich machen, aber ich tu's auch, unter Pseudonym." / "Meinst du, ich kann meine E-Books selbst herausbringen, ich hab Angst, dann keinen Vertrag mehr zu bekommen."

    Wenn ich dann auch noch erzähle, dass ich nächstes Jahr *gleichzeitig* ein Sachbuch in einem renommierten Verlag mache und eins durch Privatsponsoren und Mäzene finanzieren lasse, das auch noch in eigener Lizenz ausgerechnet ins "Piratenland" Russland bringen will, dann hält mich die eine Hälfte für durchgeknallt und die andere überlegt sich, ob sie neidisch werden soll.

    Warum also auf die ewig Gestrigen warten? Dazu ist das Leben zu kurz. Man schließt sich mit Gleichgesinnten zusammen, mit Menschen, die ähnlich denken, berät sich gegenseitig, tauscht Erfahrungen aus. Das werden immer mehr. Aber die findet man nicht im VS oder ähnlichen "offiziellen" Strukturen. Die schreiben auch keine Kampagnen aus, sondern arbeiten hart und praktisch. Und den ein oder anderen Autor kann man sogar finden, wie er heimlich unterm virtuellen Schlapphut sein eigenes Buch piratisiert - sogar so etwas gibt es.

    Die Plattformen dieser Vernetzungen sind FB, Twitter und Google+, Vordenkereien gibt es auch auf sogenannten Buchcamps, wo man sich dann real trifft.

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